25 Januar 2007| Verfasser Poselskij M. (übersetzt von Poludenko Natalia)

Es war bei Gomel

Ich werde ein wenig vorgreifen, doch das, was mir soeben in den Sinn kam, ist meines Erachtens sehr wichtig. Je laenger der Krieg dauerte, desto klarer wurde uns bewusst, dass die Unzulaenglichkeit der Technik nicht einfach daran hinderlich war, seine Arbeit zu tun, sondern die Gefahr um ein Vielfaches vergroesserte…

Damit das Objektiv den Vordergrund erfassen konnte, durfte sich der Kameramann nicht immer in einer Reihe mit den Soldaten befinden, er musste sich manchmal vor ihnen befinden. Ich erinnere mich an die allgemein bekannte, bittere Geschichte vom Tode des Kameramanns Wolodja Suschinskij. Seine letzten Fotos sind die sich ungestuem annaehernde Erde und dann – das Dunkel. Die feindliche Kugel liess die Filmaufnahme und das Herz des Kameramanns stillstehen. Wolodja war 26 Jahre alt… In 20 Jahren wird ihm der Film „Frontkameramann“ gewidmet werden, und dieses Foto wird fuer immer in die Geschichte der Welt-Filmdokumentation eingehen.

Die Arbeit der Kameraleute konnte nur eine Fernfokusoptik ungefaehrlich machen, die den Bildausschnitt so annaeherte, wie ein Feldstecher es tut.

Aber fast keiner von uns verfuegte ueber solche Objektive. Und da haben die Meister aus der Reparaturwerkstatt unseres Studios unter der Leitung vom Chefingenieur Gordijtschuk ein Objektiv mit der Fokusweite von 550 mm hergestellt. Das haben sie dann unserer Filmgruppe zur Erprobung geschickt.

Am Abend, im Schutz der Dunkelheit, gelangten wir mit dem Kameramann Iwan Malov in die vorderste Linie unserer Verteidigung und montierten in einem Schulgebaeude den Apparat.

In der Nachbarklasse befanden sich zwei Soldaten, die den Feind vom Fenster aus ueberwachten und durchs Feldtelefon das Feuer unserer Batterien korrigierten.

Jetzt mussten wir auf den Sonnenaufgang warten. In einer der Schulklassen breiteten wir Soldatenmaentel auf dem Boden aus und  steckten die Faeuste unter den Kopf. So versuchten wir bis zum Morgen einzuschlafen. Der Sonnenaufgang half aber auch nicht. Die Nazis und ihre Technik waren recht gut getarnt, die Explosionen der auf sie niedergehenden Geschosse wurden von den Fotoaufnahmen nicht erfasst, und die vorderste Frontlinie schien friedlich und still zu sein. Indes wurde in diesem Abschnitt offenbar ein Angriff vorbereitet; es gab viele feindliche Soldaten und Gefechtstechnik.

Man musste auf die Richtkanonierer einreden, dass sie das Feuer ihrer Batterien auf einen von unserem Objektiv erfassten Bildausschnitt lenkten. Zu einer solcher Aufnahmestelle wurde ein langer Schuppen, neben dem einige Lastwaegen standen.

Die Richtkanonierer erfuellten unsere Bitte ganz genau. Durch den Bildsucher des Apparats war gut zu erkennen, wie der alte Schuppen in die Luft flog und ueber ihm eine schwarze feurige Rauchsaeule entstand, wir hoerten den Krach der Explosion. Ploetzlich begannen die Explosionen sich zu wiederholen, eine Detonation folgte der anderen, der ganze Bildausschnitt ueberzog sich mit Rauch, aus dem deutsche Soldaten in Panik hervorsprangen. Obwohl wir noch nicht verstanden, was es eigentlich passierte, drehten wir effektvolle Sequenzen einer echten Schlacht weiter. Als der Film fast zu Ende ging, begannen wir den Richtkanonieren zuzurufen:

„Halt, halt! Der Film in der Kamera ist schon aus!“

Die Soldaten laechelten uns nur zu. Und da verstanden wir: die Geschosse sind genau ins getarnte Ziel geraten. Im Schuppen, den wir eigentlich nur so zu beschiessen baten, befand sich ein grosses deutsches Munitionslager, und von der Denotation explodierte dort die ganze Munition.

An diesem Tag meldete „das Sowinformbuero“ in einem Gefechtsverlaufsbericht, dass ein grosses deutsches Munitionslager vernichtet wurde. Das war ein echter Erfolg. Und das alles geschah dank des Kameramannes aus dem Filmstudio.

Als das in der Chronik bekannt wurde, sprach die Direktion allen Meistern unter Leitung von Gordijtschuk ihren Dank aus und belohnte sie mit einer Geldpraemie fuer das von ihnen geschaffene „Wunder“-Objektiv.

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