4 Juli 2015| Zarfis Pjotr Grigoewitsch, Doktor der Medizin, Professor

Burdenko — eine Schule bürgerlicher Würde

Nikolaj Nilowitsch Burdenko (1876—1946)

Jene Zeilen mit den Instruktion, wie Wunden chirurgisch zu behandeln sind, sind mir in Fleisch und Blut übergegangen. Diesen Instruktionen wurde ein Vorwort von N.N. Burdenko vorangestellt, mit dem sich dieser an die Ärzte, die an der Front ihren Dienst taten, wandte. Wir haben es nicht nur wegen seiner praktischen Ratschläge geschätzt, sondern auch, weil der „Erste Chirurg im Lande“ uns jungen Ärzten gegenüber seine Hochachtung und seinen Glauben an unser Wissen und unsere Kräfte zum Ausdruck brachte. Seine Worte haben uns wirklich Kraft gegeben.

Und doch ist dies nur das Präludium jener systematischen Arbeit, die unternommen wurde, um die professionelle Meisterschaft der Militärärzte, insbesondere die der Chirurgen, zu vervollkommnen. An allen medizinischen Einrichtungen der Streitkräfte hat man dafür vom ersten bis zum letzten Tag des Großen Vaterländischen Krieges große Anstrengungen unternommen.

In den wissenschaftlich — medizinischen Forschungseinrichtungen und vielen Krankenhäusern wurde dauernd daran gearbeitet, noch effektivere Therapiemethoden und Mittel zu finden, mit denen man Schusswunden, die zu Verletzungen der Bauchorgane oder des Brustraumes, des Schädels oder der Wirbelsäule geführt hatten, effektiv zu behandeln, aber auch Krankheiten zu therapieren, die der Krieg hervorrief. Die besten dieser so entwickelten Therapiemethoden, die sich auch in der Praxis bewährt hatten, wurden durch ein medizinisches Wissenschaftsgremium, dem der Leiter des Zentralausschusses für Militärmedizin bei den Streitkräften vorstand, untersucht und, nachdem sie dort genehmigt worden sind, sofort und ohne jegliche Verzögerungen den Truppen zur Anwendung empfohlen. Die Meinung des „Ersten Chirurgen der Roten Armee“ hatte dabei besonderes Gewicht.

Es war seine Aufgabe, — das versteht sich von selbst — aufmerksam zu verfolgen, wie es um die Lage der Chirurgie in der Praxis auf den unendlich vielen Schlachtfeldern des Großen Vaterländischen Krieges stand und mit Wort und Tat den ständigen Fortschritt zu unterstützen, der sich exakt an Zahlen beziffern ließ, die belegen konnten, dass sowohl Todesfälle als auch Invaliditätsfälle abnahmen und dagegen die Zahl derjenigen stieg, die geheilt werden und in ihre Einheiten für den Kampf gegen die Hitlertruppen zurückkehren konnten. Eigentlich lassen sich die Pflichten des „Ersten Chirurgen“ nicht aufzählen. Sein wachsames Auge und seine weisen Ratschläge waren überall von Nutzen, wo Militärärzte um den Erhalt des Lebens der sowjetischen Soldaten und gegen den Tod kämpften.

Zu den unabdingbaren Verpflichtungen von Burdenko während des Krieges zählten regelmäßige Fahrten an die Front, um dort verschiedene medizinische Einrichtungen zu besuchen und um sich damit vertraut zu machen, wie die Behandlung der Verwundeten vor Ort organisiert ist. Dabei sind er und seine Stellvertreter, die Professoren S.S. Girgolaw, W.N. Schamow und W. Levit — alles bedeutende Größen in der Chirurgie — vor ihren jüngeren Kollegen nicht nur aufgetreten, um theoretische Probleme zu erörtern. Sie haben vielmehr ebenso auf anschauliche Weise ihre Erfahrungen bei chirurgischen Eingriffen weitergegeben und damit selbst ganz praktisch vielen Schwerstverwundeten geholfen.

Bereits lange vor dem Eintreffen von N.I. Burdenko zu uns an die Front von Kalinin haben mir bekannte Ärzte, die früher an der Westfront gearbeitet und dort unseren „Ersten“ bereits getroffen hatten, voller Begeisterung erzählt, wie sich dieser um die Menschen sorgt, wie erstaunlich viel er weiß und kann und wie furchtlos und unermüdlich er ist.

— Erhat oft Krankenhäuser an unserer Front und im Hinterland besucht – berichtete S.P. Posdjankowa, eine junge Ärztin, die im Dienstauftrag des Komsomol im Evakuierungshospital Nr. 1502 gearbeitet hatte. Er hat die Krankenhäuser nicht nur einfach inspiziert, sondern auch sofort Verwundete und Kranke behandelt und uns so zugleich auch gezeigt, was zu tun sei. Wenn er Verletzte am Schädel oder an der Wirbelsäule vor sich hatte,  hat er uns, die wir angehende Neurochirurgen waren, nebenbei die Prinzipien der Diagnostizierung erklärt und Behandlungsmethoden empfohlen. Er hat uns von dem breiten Spektrum therapeutischer Maßnahmen erzählt und Wege aufgezeigt, wie man diese zur Anwendung bringen könne.

Mit Kollegen

Der Verantwortliche für die Militärmedizin noch aus der Zeit des Bürgerkrieges D.G. Oppenheim, der sehr viel im Gesundheitswesen gearbeitet hat, hat mir darüber berichtet, wie Nikolaj Nilowitsch in den Krankenhäusern, die sich 1941 in Kaluga befanden, sofort und aus dem Stehgreif heraus ein Seminar für Ärzte zu Fragen der Militär- und Feldmedizin durchgeführt hat. Er machte sich vor Ort mit der Organisation chirurgischer Eingriffe an Verwundeten vertraut und führte Visiten durch, die für das gesamte Personal zu einer ausgezeichneten Schule wurden. Wenn nötig, stellte er seinen Mut unter Beweis. Einmal, als Burdenko gerade das Krankenhaus verlassen hatte, begann die feindliche Luftwaffe einen Bombenangriff zu fliegen. Auf der Straße fanden sich Verwundete, zu denen er eilte, um zu helfen, obwohl rundherum weiter Bomben einschlugen.

Bei unseren Gesprächen über den „Ersten Chirurgen“ bedauerten wir alle sehr, dass er schon seit langem das Gehör verloren hatte (scheinbar war dies die Folge einer Gehirnerschütterung) und deshalb mit seinen Gesprächspartnern nur mit Hilfe von Papier und Bleistift kommunizierte. Wir bedauerten es zwar, waren aber zugleich auch fasziniert, wie er eine solche ernsthafte Komplikation des Lebens meisterte.

Wir wussten damals allerdings noch nicht, dass Nikolaj Nilowitsch zu Beginn des Krieges einen Schlaganfall überlebt hatte (eine plötzlich eintretende Störung des Blutkreislaufes im Gehirn), der auch sein Sprachzentrum lahmgelegt hatte.

Den Flug von Moskau nach Kalinin, nicht sehr komfortabel und auch recht gefährlich, hatte er erfolgreich hinter sich gebracht. Um 3 Uhr nachts kam der „Erste Chirurg“ der Roten Armee im Evakuierungshospital Nr. 3829 an. Er war ein eher kleinwüchsiger und seinem Alter entsprechend untersetzter Mann, den man allerdings keinesfalls einen alten Mann nennen konnte. Die Augen hinter den Brillengläsern sahen ein wenig erschöpft aus. Doch, als wir uns begrüßten, lächelte er freundlich.

Ich war voller Anspannung und hatte gefürchtet, dass Nikolaj Nilowitsch eventuell sehr hartherzig sein könnte, doch sein Lächeln schaffte sofort eine freundschaftliche Atmosphäre. Neben ihm befand sich der Generalmajor Professor Michail Nikoforowitsch Achutin, ein bekannter Chirurg in den besten Jahren, der nach Aussage des Leiters der Obersten Abteilung für Militärmedizin bei den Streitkräfte E.I. Smirnow „mehr als alles fürchtete, im Hinterland bleiben zu müssen und deshalb mit allen Mittel — und sei es auch mit Lügen — an die Front wollte“[1]. In diesen Tagen tat er als leitender Chirurg an einem Frontabschnitt seinen Dienst und  begleitete deshalb Burdenko während dieser Reise als sein Assistent.

Der Oberst des medizinischen Dienstes M.I. Barsukow, dem die Lazarette an der Front von Kalinin unterstanden, erklärte, während er mich der obersten Leitung vorstellte, dass der Major auf seine Anweisung hin einen Bericht über den Zustand der medizinischen Hilfe an unserer Front vorbereitet hatte.

Achutin zeigte reges Interesse dafür, wie die Militärchirurgen und insbesondere die Chirurgen in den Sanitäterbataillons und portablen Feldlazaretten arbeiteten, und bat mich, es ihm zu ermöglichen, sich auch mit Informationen darüber vertraut machen zu können. Am Abend bekam Michail Nikiforowitsch auch diese Angaben.

Am nächsten Tag um 11 Uhr begannen Burdenko und Achutin sich das Hospital anzusehen. Sie wurden von den Leitern der Sanitäterdienste an der Front und unter anderem auch von Professor G.P. Sajzew sowie anderen führenden Chirurgen der Lazarette begleitet. Wir begannen mit der zweiten Etage, wo sich die Schwerstverletzten befanden, die an den großen Gelenken oder den Schenkeln, am Brustkorb oder im Bauchraum, am Schädel oder an der Wirbelsäule verwundet worden waren.

Ich hatte schon einige Male vorher davon gelesen und auch davon gehört, dass Burdenko einen außerordentlichen Schafsinn besaß und bereits dank weiniger Anzeichen, die manchmal nur er allein zu erfassen vermochte, besonders tief in das Wesen der Krankheit eindringen und dass er die Diagnose und die Prinzipien der Therapierung der Kranken schon bei der ersten Begegnung mit diesen sehr genau formulieren konnte. So war es auch in unserem Krankenhaus.

Wir betraten ein Krankenzimmer, wo unter einer Reihe von Kranken auch ein schwerverletzter 30- Jähriger lag, der eine sehr ungewöhnliche Pose eingenommen hatte. Burdenko ging sofort auf ihn zu. Nachdem er den Kranken einige Minuten lang betrachtet hatte, schrieb er in sein Notizblock, den er mir daraufhin gab: „Hier handelt es sich um einen Abszess im Gehirn in der linken Scheitelgegend. Sprechen Sie mit dem Verletzten und bringen Sie ihn in den Operationsraum“.

In jedem Krankenzimmer verblüffte er uns mit seiner medizinischen Logik, die manchmal für uns ganz unerwartet war. Er stellte Diagnosen, gab den Ärzten Ratschläge und sonderte die Verwundeten aus, die er selbst zu operieren gedachte. Das waren in der Regel die schwersten Fälle in unserer Praxis.

Nachdem die Visite beendet war, begaben wir uns in den OP. Dort bekamen wir eine Musterleistung neurochirurgischer Chirurgie zu sehen. Der Verwundete befand sich unter Narkose. Der Chirurg führte exakt, mit Kraft und gleichzeitig auch – wie es mir vorkam — mit weicher Hand den Bohrer in das Segment des Schädels, wo er den Eiterbeutel vermutete. Und der war auch genau dort. Vor unseren Augen wurde das Gehirn des Verwundeten von dem unheilvollen Eiter befreit. Schnell verliefen die verschiedenen Etappen der Operation, eine nach der anderen. Am Ende wurde der Kopf verbunden. Eine halbe Stunde später kam der Verwundete wieder zu sich. Burdenko schaute am Abend nach ihm, kontrollierte den Puls und streichelte ihm die Hand. Wie er diesem Jungen von der Wolga vom Herzen das Beste wünschte! …

Das war die erste Operation, es folgte eine zweite, eine dritte und sogar noch eine vierte. Und alle waren auf ihre Weise schwierig und jeden Verwundeten gleich wichtig. Alle Eingriffe haben wir hervorragend gemeistert.

— Vier gerettete Leben, das soll man sich mal vorstellen!  — freute sich J.C. Mironenko, der leitende Chirurg unseres Krankenhauses, der seine Emotionen sonst gewöhnlich hinter eiskalter Zurückhaltung verbarg. – Und haben Sie bemerkt, dass er bei jedem Patienten immer ganz individuell auf den Fall bezogen entschieden hat und auf ganz eigene Art und Weise jedes Mal an die Sache herangegangen ist? …

Der Operationstag allerdings war noch nicht zu Ende. Das Skalpell von Burdenko brachte noch eine ganze Reihe von Leidenden auf den Weg der Genesung. Der letzte von ihnen, es war ein Kommandeur, hatte schwere Verletzungen an den Hüftgelenken. Ein chirurgischer Eingriff gestaltet sich bei diesen Fällen sehr kompliziert und äußerst aufwendig und erfordert viel körperliche Kraft. Ich beobachtete Nikolaj Nilowitsch ununterbrochen. Er zeigte keinerlei Anzeichen von übermäßiger Anstrengung oder Müdigkeit. Er legte die kräftigen Gelenke so offen, als ob er einen Bauchschnitt machte. Vielleicht hinkt dieser Vergleich etwas, doch trotzdem möchte ich sagen, dass wir, die wir auch Spezialisten waren, ihm voller Begeisterung bei seiner Arbeit zuschauten, denn es gab etwas zu lernen!

Nach dieser Operation — die Umstehenden waren immer noch ganz im Schweigen und voller Eindrücke, da gerade etwas Ungewöhnliches geschehen war — trat Professor G.P. Sajzew zu mir.

— Haben Sie das gesehen? So muss man operieren, – fügte er mit einem leicht traurigen Unterton hinzu. – Das ist nicht nur ein wunderbarer Chirurg, sondern auch ein erstklassiger Theoretiker, der sein Konzept auf glänzende Weise in die Tat umsetzt. Wir alle sollten – wandte er sich an Juri Semjonowitsch – von ihm lernen.

In unser Gespräch mischte sich auch Professor Achutin ein, der N.N. Burdenko schon mehrere Jahre kannte:

— Meine Freunde! Nikolaj Nilowitsch ist ein echter Könner in seinem Fach. Er ist ein Arzt, der die Feinheiten der Anatomie und Pathophysiologie nicht weniger beherrscht als die Chirurgie. Er ist ein glänzender Theoretiker und großartiger Praktiker. Er arbeitet nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit seinen goldenen Händen und seinem Herzen. Es ist kein Wunder, dass nach seiner Auffassung Selbstzufriedenheit und Großtuerei nichts mit der Chirurgie zu tun haben. Es gibt Momente, in denen Nikolaj Nilowitsch sehr hart sein kann, doch in seinen Forderungen ist er immer gerecht. Das wissen wir alle sehr gut und sind ihm deshalb nie böse.

Achutin, der weiter über die Tätigkeit des „Ersten Chirurgen“ sprach, nämlich, dass er auch ein hervorragender Organisator der Evakuierungen von Verwundeten während der Kampfhandlungen sei, bemerkte weiter, dass auf den verschiedenen Etappen der Evakuierung der Verletzten für Nikolaj Nilowitsch die Kontinuität in ihrer fachgerechten Versorgung oberste Priorität hat, denn nur wenn der gesamte Krankheitsverlauf genau dokumentiert ist, wenn alles kurz, genau und lückenlos aufgeschrieben ist, dann können wir Ärzte die Verwundeten richtig zuordnen, was für eine gute Planung der Behandlungen und für die schnelle Genesung der Verletzten von allergrößter Wichtigkeit ist. Er lehrt uns alle – unterstrich Achutin – dass eine richtige Zuordnung an den richtigen Ort, die nötige Behandlung der Verwundeten auf den Etappen ihrer Evakuierung, eine korrekte Diagnose und komplexe chirurgische Eingriffe einen einheitlichen Prozess darstellen. Das sind im Wesentlichen die grundlegenden Ideen und wichtigsten Prinzipien der modernen militärischen Feldmedizin und zugleich die modernsten und hocheffektivsten Prinzipien der Chirurgie in einem Krieg.

In der zweiten Tageshälfte gingen wir zusammen mit den Gästen zum Mittagessen. Dieses war wie gewöhnlich bescheiden, aber doch ein wenig feierlicher. Unsere Ärzte waren wegen der Begegnung mit dem „wichtigsten Chirurgen“ etwas aufgeregt, aber auch gleichzeitig ergriffen, einerseits wegen seiner Zurückhaltung und Freundlichkeit, die in jeder Geste zum Ausdruck kam, und andererseits wegen seiner besonderen Energie, die vor den Augen aller hatte Wunder geschehen lassen. Alle waren glücklich darüber, dass sie die berühmte chirurgische Handschrift Burdenkos ganz real zu Gesicht bekommen hatten und wie gerade sechs Schwerstverwundete auf den Weg zur Genesung zurückgebracht worden waren.

Die Gefühle, die wir in dieser kurzen Zeit, die wir mit den Gästen aus Moskau verbrachten, empfanden, fanden ihren Ausdruck natürlich auch in herzlichen Worten, mit denen wir uns an N.N. Burdenko als einen Gelehrten und Chirurgen, einen Kommunisten und sowjetischen Patrioten wandten. Der General M.N. Achutin, der zunächst im Namen von Nikolaj Nilowitsch für die vielen herzlichen Worte, die wir an diesen gerichtet hatten, gedankt hatte, sagte, dass sich der „erste Chirurg“ der Roten Armee und er unsere Abläufe genau angesehen und dabei viel Erfreuliches zu Gesicht bekommen hätten und dass ihnen besonders die Atmosphäre und das Arbeitsklima bei uns gefallen habe.

— Was haben wir bei euch gesehen? – fuhr Achutin fort. – Erstens kommen alle Grundprinzipien der militärischen Feldchirurgie erfolgreich zur Anwendung. Zweitens sind eure Ärzte und Chirurgen gut ausgebildet, können richtig diagnostizieren und sogar noch besser operieren.

Wir alle fühlten uns von dieser Einschätzung unseres Kollektivs geschmeichelt.  Sofort schrieb ich auf eine Karte: „Dem „Ersten“ sei Dank!“ Burdenko lachte, stand auf und drückte mir die Hand. Alle kehrten wir dann an ihren Arbeitsplatz zurück.

Am nächsten Morgen nahm ich an der Routinebesprechung teil. Wir besprachen Fragen zur Therapie, Diagnose und Organisation. Mironenko meinte wie immer, dass die chirurgische Arbeit verbessert werden müsse. Es hätte zwar keine Zwischenfälle gegeben, doch auch die kleinen Versäumnisse sollten beachtet werden. Es wurden die Namen derer genannt, die sich diese kleinen Fehler hatten zuschulden kommen lassen, und es folgten entsprechende Bemerkungen sowohl vom diensthabenden Chirurgen als auch von den Kollegen und natürlich auch vom Leiter der Besprechung. A.W. Kulagin, stellvertretender Leiter der Politabteilung des Krankenhauses, warf eine wichtige Frage auf. Die Politfunktionäre sorgten sich natürlich besonders um die Schwerstverletzten und diese fühlen sich selbst zu ihnen hingezogen, um ein gutes Wort zu erhaschen, Informationen zur neusten Lage zu erfahren und um sie als ihnen nahestehende und achtbare Menschen um Rat zu Fragen. Doch es kann sein, dass ihr Zustand es ihnen nicht erlaubte, solche Gespräche zu führen. …

Ich sah, wie sich die Zeiger der Uhr auf Zehn hin zubewegten. Es war Zeit, zu Ende zu kommen. Gleich sollten Burdenko und Achutin erscheinen. Aber nichts dergleichen geschah. Weder Nikolaj Nilowitsch noch Michail Nikiforowitsch waren zu sehen. … Ich rief in der physiotherapeutischen Abteilung an und fragte, wo unsere Gäste seien. Wasilewski antwortete:

— Sie sind schon vor über einer Stunde weg.

— Wohin sind sie gegangen?

— Wollen Sie dass ich sie suchen lasse?

— Nein, ich werde sie selbst finden, antworte ich.

Ich machte mich auf in die Abteilung, wo die Neuaufnahmen „sortiert“ wurden. Ich fragte Sawogina, ob die Generäle hier vorbeigekommen seien.

— Ja, antwortete Zoja Wasiljewna – sie waren hier und sind wieder gegangen.

— Was haben sie bei Ihnen gemacht?

Und die Sawogina erzählte ausführlich, wie Nikolaj Nilowitsch und sein Begleiter die Abteilung besucht hatten.

— Burdenko hat sich für alles interessiert – sagte sie – und hat sich aufmerksam angesehen, wie die Verwundeten in Empfang genommen werden. Er hat sich die ganze Zeit Notizen gemacht und die vorangegangenen Dokumentationen studiert und sich auch daraus einiges herausgeschrieben. Er war damit zufrieden, dass wir die Verwundeten schnell mit heißem Tee und etwas zu Essen versorgen, bedankte sich bei uns durch sein Büchlein, dass wir bei der Zuordnung, der Bearbeitung und dem Weiterleiten der Verwundeten zur Erstuntersuchung in unsere Verbandsabteilung alles richtig machen. Nikolaj Nilowitsch hat unterstrichen, dass der Verwundete gut gewaschen sein muss, dass wir bei allen Verwundeten auf den Haarschnitt achten sollen, besonders bei denen, die am Kopf verletzt sind, und dass die Schwerverletzten vorsichtig in den Aufnahmeraum zur Diagnose zu tragen sind. Unsere Krügertheke hat ihm sehr gefallen. „Das ist – hat er aufgeschrieben – sehr gut durchdacht und überhaupt ist es gut, dass wir bei uns das Krügersystem eingeführt haben“. Ganz allgemein sind unsere Generäle sehr zufrieden mit der Einrichtung und der Organisation unserer Abteilung gewesen.

Einen großen freudigen Eindruck hatte bei der Sawogina auch die Herzlichkeit hinterlassen, mit der sich Burdenko und Achutin an die Veletzten wandten.

— Sie traten mit größter Einfachheit und voller Zärtlichkeit auf die Verwundeten zu, als wären sie ihre Verwandten – sprach sie weiter. — Und man sah ein Leuchten in ihren Augen, wenn sie die Verletzten betrachteten. Und wie akribisch sie mit vielen Kleinigkeiten versuchten, es den Verletzten so bequem und angenehm wie möglich zu machen. Ich konnte gar nicht an mich halten und sagte: „Die Versorgung ist das eine. Das gesamte Schicksal des Verwundeten, Genosse General, hängt aber doch letztendlich davon ab, wie und wann ihm die erste Hilfe zugekommen ist und auch davon, wie meisterlich ihn die Chirurgen operiert haben. Ist es nicht so?“ – „Nein, — antwortete Michail Nikoforowitsch – das Schicksal des Verwundeten hängt von unserer Haltung ihm gegenüber ab. Bei unserer Arbeit gibt es keine Kleinigkeiten, alles ist wichtig: sowohl der chirurgische Eingriff als auch die Versorgung nach der Operation!“

Nachdem ich die Sawogina angehört hatte, entschied ich mich, die Gäste bei Professor Taft auf der dritten chirurgischen Station zu suchen. Dort waren sie dann auch. Es stellt sich heraus, dass sich nach der Begutachtung der Verletzten, die sich auf dieser Station befanden, zwischen dem „Ersten Chirurgen“ und seinen Kollegen aus dem Krankenhaus und in erster Linie mit Professor Taft eine sehr interessante Unterhaltung ergeben hatte. Die Tatsache, dass das Gespräch in schriftlicher Form geführt wurde, schmälerte das Interesse und die Bedeutsamkeit für die Anwesenden in keiner Weise, sondern, steigerte sie vielmehr noch, wie ich es sehen konnte. Auf alle Fälle war die Aufmerksamkeit unserer Chirurgen wegen der ungewöhnlichen Situation, der Bedeutsamkeit des Gesprächspartners und der Wichtigkeit des Themas nur noch größer geworden.

Hier ist es angebracht, einiges über den besonderen Charakter solcher Gespräche mit Nikolaj Nilowitsch zu sagen. Er war eine so markante und starke Persönlichkeit und hatte einen so gewaltigen und originellen Intellekt, dass man im Gespräch mit ihm unwillkürlich die tragischen Folgen seiner Leiden — den fast völligen Verlust seines Gehörs und sein Defekt beim Sprechen, jene Spuren zweier Kriege, des Ersten und des Zweiten Weltkrieges – vergaß. Seine Augen leuchteten und reagierten klug und lebendig auf die Gedanken seiner Gesprächspartner. Sein Gesicht begann ganz buchstäblich zu strahlen. Manchmal reichte eine einfache Geste aus, mit der er seine Meinung zu dem kundtat, was sein Gesprächspartner für ihn aufgeschrieben hatte. Man hatte sogar das Gefühl, dass er in diesem Augenblick die schriftliche Kommunikation der mündlichen einfach vorzieht, vielleicht weil ihm der Hals weh tat oder weil es andere Gründe dafür gab. Er hatte es einfach lieber so, das war alles, und er empfand dabei keinerlei Unannehmlichkeiten. Seine Worte selbst verloren dabei allerdings in keiner Weise an Gehalt, Scharfsinn und Glanz.

So war es auch bei dem Gespräch, das Alexander Wulfowitsch Taft begonnen hatte und bei dem es um Wege ging, wie man die Chirurgie vervollkommnen könnte. Mich interessierte dabei etwas ganz anderes. Wann wird Nikolaj Nilowitsch anfangen zu operieren? … Nachdem ich mich dafür entschuldigt hatte, dass ich mich in ihr Gespräch einmische, habe ich mich an ihn mit der entsprechenden Frage gewandt, die ich ihm natürlich schriftlich anreichte. Er antwortete in seinem Notizblock: „Ich werde nicht operieren. Heute werden Sie ohne mich arbeiten“. Achutin, der hinter Burdenko stand, der wiederum gemeinsam mit Taft am Tisch saß, zuckte mit den Schultern: Sie verstehen doch, man kann ihm nichts vorschreiben. …

Auf mich warteten wie immer verschiedene Dinge, die ich zu erledigen hatte: kleine und große. Doch wie konnte ich bei einem solchen Gespräch so einfach gehen? Unter den Aufzeichnungen, die ich bald darauf anfertigte, sind einige Gedanken Burdenkos enthalten, die er in dieser Unterhaltung zum Ausdruck gebracht hat und die für diese Zeit typisch waren. Er unterstrich, wie wichtig die Reihe der neuen Maßnahmen sind, die durch unsere Medizinern schon seit den ersten Monaten des Krieges bei Operationen zur Anwendung kamen, und sagte:

Militärchirurgen sollten auf schnellstem Wege auch alle die tausenden, alten und jungen Chirurgen werden, die aus dem staatlichen Gesundheitswesen kommend in den Militärdienst eingetreten sind. Sie gehörten alle zu verschiedenen klinischen Schulen und haben mit unterschiedlichen Diagnostizierungs- und Behandlungsmethoden gearbeitet. Hier aber geht es darum, dass alle alles verstehen müssen. Das kann man nur erreichen, indem man einheitliche Prinzipien bei der Organisation innerhalb der medizinischen Dienste der Armee einführt. Bei der Feldchirurgie führt das ganz logisch dazu, dass die chirurgische Praxis vereinheitlicht und die chirurgische Hilfe für die Verletzten standardisiert wird. Das hilft vielen Ärzten, die gestern noch im staatlichen Gesundheitswesen tätig waren, heute ausgezeichnete Militärchirurgen zu werden.

Danach ging es bei dem Gespräch natürlich um die hauptsächliche Sorge der Chirurgen, nämlich um die Verringerung der Fälle, bei denen Soldaten an den Folgen schwerer Verwundungen zu Invaliden werden oder sogar sterben. Als Burdenko schnell niederschrieb, dass wir leider nicht immer den Tod verhindern, weil wir ihn manchmal einfach nicht aufhalten können, obwohl wir auf diesem Wege schon ein ganzes Stück vorangekommen sind, erfasste ernste Trauer das hagere Gesicht von Nikolaj Nilowitsch. Und hier führte er offizielle Zahlen an: „Bei Einschusswunden im Brustbereich sank die Sterblichkeitsrate im Vergleich mit vergangenen Kriegen um 2-4 Mal. Eitrige Entzündungen des Rippenfells kommen 4 Mal weniger vor. Wenn es im Ersten Weltkrieg bei 70% der Fälle von Verletzungen des Schädels zu Abszessen im Gehirn kam, dann lassen sie sich heute um 5 Mal weniger beobachten. Todesfälle in medizinischen Einrichtungen wurden um die Hälfte gesenkt. Eine bedeutend geringere Zahl von Verwundeten stirbt bei Schusswunden im Bauchraum und anderen schweren Verletzungen“.

Nachdem ich die Zeilen im Notizblock von Burdenko gelesen hatte, dachte ich sofort an einen Verletzten, an einen Mann im mittleren Alter mit weichen und freundlichen, großen und schwarzen Augen, den wir vor zwei Tagen in der Abteilung von N.P. Kulejnaja wegen einer Schusswunde im Bauch operiert hatten. Alles schien gut gegangen zu sein, doch heute morgen bei der Visite sah er irgendwie geschwächt aus und war ganz blass und apathisch geworden. Jetzt war es schon bald 11 Uhr. … Ich machte mir Sorgen und flüsterte Achutin zu:

— Ob ich vielleicht gehen könne? Ich möchte nach einem Schwerverletzten auf der zweiten Station schauen. …

Achutin nickte: — Natürlich! Ich rufe an, wenn es etwas gibt.

Als ich den Verwundeten friedlich in seinem Bett mit einem leicht rosafarbenen Teint auf seinen eingefallenen Wangen schlafen sah, beruhigte ich mich wieder.

Nachdem ich noch nach einigen Verwundeten gesehen hatte, die mir Sorgen bereiteten, auch wenn es dazu eigentlich keinen besonderen Anlass gab, denn es zeigte sich, dass sie zum Glück alle in guter Verfassung waren, begab ich mich in den Operationssaal, um wenigstens, wie man so sagt, ein wenig O.P. — Luft einzuatmen. Dort sah ich, wie Mironeko einen schon nicht mehr ganz jungen Verwundeten operierte, der von breiter Statur und muskulös war. Die Operation schien kompliziert zu sein und lange zu dauern. Man sah, dass der Chirurg bereits erschöpft war. Auf seinem Gesicht standen Schweißperlen. Er schaute zu mir herüber und bat mich, ihm zu helfen. Er erklärte:

— Ein Splitter hat sich im Halsmuskeln verklemmt und man kommt nicht an ihn heran. …

Ich wusch mir gründlich die Hände, zog einen sterilen Kittel an und trat Juri Semjonwitsch zur Seite.

Der metallische Splitter steckte tief im Gewebe ganz in der Nähe des Querfortsatzes des sechsten Halswirbels. Der Operationsschnitt jedoch war vorn links vor dem Tracheenstamm. Die äußere Halsschlagader war beschädigt, aus ihr spritzte das Blut. Juri Semjonowitsch musste sie abbinden. Dabei schein aller Wahrscheinlichkeit nach der rückseitige Ast des Lungen-Magen-Nervs in diesen Verband zur Blutstillung geraten zu sein, denn bei dem Verwundeten kam es zu Problemen mit der Atmung. Er wurde ganz blau.

— Komm lassen Sie uns die Klemmen lösen, um so den rückseitigen Ast des Lungen-Magen-Nervs zu befreien – schlug ich vor.

Sofort, nachdem wir dies getan hatten, kam alles wieder in die rechten Bahnen. Der Verwundete begann wieder normal zu atmen und seine Gesichtsfarbe nahm ihr normales Rosa an. Danach legten wir eine Legierung auf das befreite Gefäß und nähten die Wunde vorne wieder zu. Daraufhin drehten wir den Verwundeten auf den Bauch und bereiteten das Operationsfeld auf der Rückseite vor, wo ich geeignete Orientierungspunkte suchte, um einen Längsschnitt zu machen (Juri Semjonowitsch war sehr müde, denn er war mit dieser Operation bereits fast anderthalb Stunden beschäftigt gewesen). Ich stieß, weil ich dank des Röntgenfotos eine klare Vorstellung davon hatte, wo sich das Metall versteckt hatte, sofort auf dieses. Wir entfernten zunächst den Splitter, verbanden die blutenden Gefäße und setzten dann ein kleines Stück Mull ein, bevor wir alles wieder zunähten und die Operation abschlossen.

Danach ruhten wir gemeinsam mit Mironenko ein wenig aus, sprachen über etwas und entschieden, unsere Generäle zu bitten, am nächsten Tag der Station von N.P. Kulejnaja einen Besuch abzustatten. Dort gab es Schwerstverletzte, die, wie Nina Pawlowna meinte, die Ratschläge von Burdenko dringend brauchen würden.

Am nächsten Tag schaute sich Nikolaj Nilowitsch diese Verwundeten an und schlug vor, wie man sie behandeln sollte. Danach begleitete er die reguläre Visite auf einer Reihe anderer Stationen und begann daraufhin mit den Operationen. An diesem Tag operierte er ebenso sicher und exakt wie immer.

Die gemeinsamen Mittagessen fanden nicht mehr statt. Stattdessen gab es wie gewöhnlich in der kleinen Mensa für die Offiziere etwas zu Essen. Dafür aber blieb es bei der vielseitigen Zusammenarbeit zwischen dem gelehrten Chirurgen und seinem Kollegen von der Front, deren  Nutzen ein Jeder von uns bei seiner alltäglichen Arbeit ganz real empfand.

Mit der Zeit gingen die zehn Tage, die für die Arbeit des „Ersten Chirurgen der Roten Armee“ und seines Assistenten in dem Evakuierungskrankenhaus Nr. 3829 an der Front von Kalinin vorgesehen waren, ihrem Ende zu. Einen Tag vor der Abreise rief mich Professor Achutin an:

— Kann ich Sie um einen Wagen bitten, um zum Sanitäterbataillon im Gebiet von Rschew zu fahren? Ich möchte mich dort umzusehen, wie es bei den Kollegen an der vordersten Front so steht.

Es versteht sich von selbst, dass dieser Frage ein entsprechender Befehl an unsere Transportabteilung folgte und Michail Nikoforowitsch näher in die Feuerzone gefahren wurde.

Ungefähr eine Stunde später, bald nach dem Frühstück, informierte uns die diensthabende Ärztin Dubinina voller Aufregung:

— Unserem General geht es schlecht. …

— Was ist los?

Tamara Borisowna zuckte mit den Schultern:

— Ich weiß es nicht.

Ich lief zu Nikolaj Nilowitsch. Dieser schritt voller Zorn in seinem Zimmer auf und ab. „Wo ist Achutin?“ – fragte er mich mit Hilfe seines Notizblocks. Ich antwortete: „Er ist in das Sanitäterbataillon in der Nähe von Rschew gefahren“. Der General entgegnete: „Sofort zurückbringen!“ Und so schickten wir einen anderen Wagen hinterher, und nach zweieinhalb Stunden war Achutin wieder bei uns im Krankenhaus. Bevor er sich zu seinem Vorgesetzten begab, wollte er wissen, war geschehen war. Ich erklärte es ihm.

— Ja, Nikolaj Nilowitsch liebt es nicht, mit dem Feuer zu spielen, wenn es nicht unbedingt notwendig ist — sagte der verärgerte Achutin und fügte hinzu: — Was soll ich machen, ich werde mir wohl jetzt das Fell über die Ohren ziehen lassen müssen.

Ich versuchte Michail Nikiforowitsch zu beruhigen und sagte mit einem Lächeln:

— Wird schon gut gehen. Gott ist barmherzig. …

— Darauf hoffe ich auch  — blinzelte mir der Professor schelmisch zu.

Der Tag war gekommen, an dem der „Erste Chirurg“ abreisen sollte. Die erste Tageshälfte war mit Visiten auf einer Reihe von Stationen angefüllt. Er schaute sich einige Schwerstverwundete an und gab uns sehr umfassende Hinweise, wie diese zu behandeln seien. Wieder waren wir erstaunt über das ärztliche Feingefühl und das Wissen von Burdenko sowie auch über seine seltene Fähigkeit, mit seinen Gedanken schnell jegliche Folgen von Verletzungen ihrem Wesen nach zu durchschauen, wie kompliziert diese auch sein mochten. Nun allerdings, nach ganzen zehn Tagen Arbeit des „Ersten“ im Evakuierungshospital Nr. 3829 vor den Augen aller Mediziner, waren wir nicht nur voller Staunen, wenn wir seiner wunderbaren Arbeit zusahen, die wir schon gelernt hatten, zu analysieren, sondern wir empfanden auch Stolz für diese Arbeit, denn auch wir selbst hatten an ihr unseren Anteil.

Und natürlich haben wir uns, wenn wir uns an diese zehn Tage erinnerten, die wir in unserem Kollektiv „die Schule Burdenkos“ nannten, immer wieder über die unversiegbare Energie von Nikolaj Nilowitsch gewundert. Wir waren gerührt über seine Fähigkeiten und wie er trotz allem seine umfangreiche wissenschaftliche Forschungstätigkeit fortsetzte, dabei aktiv operierte und dazu noch viel organisierte. Und das mit seinen 67 Jahren. …

Wenn man von der Schule Burdenko spricht, dann meint man gewöhnlich eine der beiden Richtungen, die er in der medizinischen Wissenschaft eingeschlagen hat: die neurochirurgische oder die eigentlich chirurgische. Daneben ist aber auch noch seine hohe Schule bürgerlicher Würde zu nennen, sowie sein Patriotismus und sein selbstloser Dienst an unserem Volk und unserer Heimat. Die phänomenalen Errungenschaften von Nikolaj Nilowitsch in einer ganzen Reihe von sehr komplizierten und verantwortungsvollen Bereichen menschlicher Tätigkeit zum Nutzen des Volkes waren nur möglich, weil seine gigantische Arbeit vom Licht großer humanistischer Ideen getragen war, die erstmals in der Geschichte auf dem Territorium der Sowjetunion verwirklicht werden konnten. So wie er viele Jahrzehnte hindurch gewirkt hat und was er insbesondere in der Zeit des Großen Vaterländischen Krieges geleistet hat, kommt einer Heldentat gleich, die andere Generationen nach ihm zur Nachahmung beflügelt hat.

— Seine Heldentat war umso bedeutender, weil sie nicht nur eine Minute Mühen gekostet hat, sondern eine ständige Anspannung darstellte und im Grunde genommen sein ganzes Leben hindurch andauerte – wie es einmal einer meiner Freunde, der Oberst des Medizinischen Dienstes K.N. Schilow, dem ich meine Gedanken nach der Abreise des „Ersten Chirurgen“ gegenüber mitgeteilt habe, ausgedrückt hat.



[1] Smirnow, E.I. Krieg und Feldmedizin, S. 145.

 

Uebersetzt von Henrik Hansen
www.deu.world-war.ru

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