27 Oktober 2015| Luganskaja Swetlana Alexejewna

Eine Heldentat, die einen Nobelpreis verdient

Am 7. Juni 2012 hat der Heilige Synod der Russischen Orthodoxen Kirche beschlossen, in den Heiligenkalender der Russischen Kirche die Neumärtyrer von Jasenovac aufzunehmen und ihrer am 31. August (13. September) zu gedenken. Die Neumärtyrer von Jasenovac sind orthodoxe Serben, die in der Zeit von 1941 bis zum 22. April 1945 den Märtyrertod gestorben sind. Bis zum endgültigen Ende des Krieges hat sie niemand befreit — weder die Partisanen noch die Sowjetische Armee. Deshalb haben die Überlebenden selbst den Stacheldraht zerschnitten. Nur jeder Zehnte von ihnen hat damals überlebt und ist in die Freiheit gelangt. Nach bis heute vorliegenden Angaben sind während des Zweiten Weltkrieges in Jasenovac siebenhundert Tausend orthodoxe Serben zu Tode gekommen.

Die kroatische, römisch-katholische Ustascha hat, wie sie behauptet hat, den römisch-katholischen Gauben vor der „östlichen Häresie“ verteidigt wollen und dabei auf bestialische Art und Weise Hunderttausende orthodoxe Christen vernichtet. So hat sie jedes Dorf der Slawonischen Diözese in einen heiligen Ort verwandelt. Das Zentrum der Märtyrertode war Jasenovac. Hier befand sich das grausamste der Todeslager. Es war vom Unabhängigen Staat Kroatien (USK) eingerichtet worden, der von 1941 bis 1945 einige Teilen des besetzten Jugoslawiens umfasste. Jasenovac war in Wirklichkeit ein ganzer Komplex von Lagern und war grausamer als jedes der Lager in Deutschland, was auch Herr Professor Jehuda Bauer aus dem Museum Jad-Vashem bestätigt. Denn die Menschen wurden dort nicht mit Waffen oder mit Gas getötet, sie wurden vielmehr mit Messern aufgeschlitzt oder zersägt. Hier kamen die bestialischsten Foltermethoden zur Anwendung.

Kinder im Konzentrationslager von Jastrebarsko

In den Lagern von Jasenovac kamen dutzende Priester zu Tode, unter ihnen waren auch einige Bischöfe. Eine besondere Stellung innerhalb der Hölle von Jasenovac nahmen die Kinderlager ein. Die Kinder wurden in ein gesondertes Lager gesteckt, das sich in Jastrebarsko, in der Nähe von Zagreb befand. Aus vorliegenden Statistiken geht hervor, dass während des Krieges allein in den Konzentrationslagern, die sich auf dem Territorium von Jugoslawien befanden, 73316 Kinder unter 14 Jahren ermordet worden sind. An den bestialischen Verbrechen waren auch Geistliche beteiligt. Einer der bekannteren Henker Miroslav Filipović Majstorović, der auch unter dem Spitznamen „Bruder Teufel“ bekannt ist, hat 1947 vor Gericht in Zagreb erklärt: „Ich ersuche darum, dass man für mich als mildernden Umstand geltend macht, dass ich in erster Linie Kinder getötet habe. Wer hätte schon mit Sicherheit sagen können, dass aus diesen Kindern ordentliche Menschen geworden wären?“ Dionisi Jurević, Geistlicher innerhalb der Religionsbehörde der Regierung, erklärte damals: „Heute ist es keine Sünde, sogar kleine Kinder zu töten, wenn sie der Bewegung der Ustascha im Wege stehen. Denken Sie etwa, dass ich, wenn ich Priester bin, nicht in der Lage sei, ein Messer zur Hand zu nehmen und alles, was gegen die Ustascha und den Staat ist, auch wenn es noch in der Wiege liegt, zu zerstückeln? “.

Das Thema Jasenovac war in Jugoslawien bekannt. Doch es war verboten, es genauer zu untersuchen. Um der „Bruderliebe“ und der „Einigkeit“ zwischen Serben und Kroaten willen hat die Regierung Tito versucht, die nationale Zugehörigkeit der Opfer und Henker zu verheimlichen. Bis in die 1980-90-iger Jahre hinein lassen sich weder fremdsprachliche Bücher finden noch haben jugoslawische Gelehrte an wissenschaftlichen Konferenzen teilgenommen, bei denen es um die Aufarbeitung des Leides während des Zweiten Weltkrieges ging. Die Kirche hat dagegen bereits Anfang der 80-iger Jahre begonnen einzufordern, dass der Märtyrer von Jasenovac liturgisch gedacht werden sollte. Ein in diesem Zusammenhang sehr wichtiges Ereignis hat sich 1984 zugetragen, als in Jasenovac die wiedererrichtete Kirche zu Ehren des Heiligen Johannes des Täufers geweiht wurde. Sie war das erste Opfer von Jasenovac, denn die ersten Häftlinge hatte man damals gezwungen, dieses Gotteshaus zu zerstören und aus seinen Steinen die ersten Gebäude des Lagers zu bauen. Von 1984 an wurden dann der Opfer von Jasenovac immer intensiver gedacht. Sie gelten als Zeugen Christi. Wenn man nach Jasenovac kommt, überkommt einen das gleiche Gefühl wie auch am Karsamstag, wenn in der Kirche gesungen wird: „Es möge verharren alles Fleisch in Schweigen. …“

Diana Budislavlević

Ein weiteres wichtiges Ereignis fand 2011 statt. Der Synod der Serbischen Kirche hat den Beschluss gefasst, Diana Budislavlević für ihre einzigartige Barmherzigkeit und ihren Heldenmut postum mit dem Orden der Heiligen Fürstin Miliza auszuzeichnen. Diana rettete aus den Konzentrationslagern der Ustascha 15336 Kinder (mehr als 12000 der Geretteten haben den Krieg überlebt). Der Orden wurde ihrer Urenkelin Leonarda überreicht. Von den Heldentaten Dianas haben nicht einmal ihre Verwandten etwas gewusst.

Diana ist am 15. Januar 1891 in Innsbruck geboren worden und heiratete den Serben Julius Budislavlević, der in Kroatien lebte. Ihr Mann war ein bekannter Chirurg und Professor an der Universität. Im Dezember 1941 begann Diana — indem sie ihre österreichische Herkunft ausnutzte — ihre Mission. Sie rettete Kinder aus den Konzentrationslagern. Bei dieser Aktion starben 11 Menschen. Sie waren ihre Helfer. Ihre Initiative ging als die größte geplante Aktion zur Rettung von Menschenleben während des Zweiten Weltkrieges in die Geschichte ein.

Auf der ersten Seite ihres Tagebuches ist zu lesen: „Eine meiner Schneiderinnen ist eine Slowenin. Von ihr habe ich erfahren, dass die hier ansässigen Slowenen den slowenischen Flüchtlingen in den von den Deutschen besetzten Gebieten helfen. Eine andere ist eine Jüdin. Die hat mir einige Male davon berichtet, dass von Seiten der jüdischen Gemeinde große Anstrengungen unternommen werden, um den jüdischen Häftlingen zu helfen. Für die Notleidenden in Zagreb allerdings, die orthodoxen Glaubens sind, werden keinerlei Hilfsaktionen durchgeführt“. So hat Diana ihr Tagebuch begonnen und zugleich auch ihre eigene „Aktion“ gestartet, durch die tausende Kinder vom Tode errettet worden sind.

Ihr war bewusst, dass sie damit ihr Leben riskiert. „Ausgangspunkt meiner Überlegungen war, dass ich mein Leben nicht höher bewerte als das jener unschuldig Leidenden. Ich habe im Gegenzug zu ihnen allerdings die Möglichkeit Hilfe zu leisten. In erster Linie schaue ich dabei auf die Kinder. Ich bin vom Leben durchaus reich beschenkt worden und werde deshalb nun aller Ereignisse so harren, wie sie kommen mögen. …“, schrieb Diana in ihr Tagebuch, das sie vom 23. Oktober 1941 bis zum 7. Februar 1947 geführt hat. In ihrem Tagebuch hat sie der  Nachwelt ein Zeugnis von dem hinterlassen, was sie getan hat und mit welch einer Grausamkeit die Ustascha gegen die Serben vorgegangen ist.

Man konnte die Kinder nur durch einen Trick retten. Man musste ihre Identität ändern, d.h. sie in kroatische Familien oder Kinderheime der katholischen Kirche geben. …

Etwas Besonderes bei den Aktionen Dianas bestand unter anderem darin, dass sie eine Kartothek über alle Kinder anlegte, in der sie alle Informationen sammelte, die sie erfahren konnte. Die Erstellung dieser Kartothek war für Diana ebenso wichtig wie auch die Rettung dieser Kinder: „Nur von einigen, der übrig gebliebenen, gelang es mir, Informationen einzuholen. Die kleinen Geschöpfe, die im Sterben lagen, konnten nichts von sich geben. Einige sind bereits dort (im Lager) gestorben, andere dann bei uns. Alle sind sie kleine Märtyrer, unbekannte, namenlose Kinder. Jedes von ihnen hatte einst eine Mutter, die um ihr Kind geweint hat. Jedes hatte ein Zuhause und seine Kleidung. Und jetzt sind sie ein Haufen nackter kleiner Leiber in einem Massengrab. Neun Monate haben ihre Mütter sie in ihren Schößen ausgetragen und unter Schmerzen geboren. Dann haben diese sie voller Freude in ihre Arme geschlossen und mit Liebe großgezogen und ins Leben geführt. Und nun …“.

Serbische Kinder in Jastrebarsko, die man für Aufnahmen zu einem Propagandafilm in Uniformen der Ustascha gesteckt hat

Eines dieser Kinderlager, das man am 3. August 1942 nach Beendigung der Kampfhandlungen in Kozarac und Schamariz eingerichtet hatte, befand sich in Sisak. Es war ein besonderes Lager und trug die Dienstbezeichnung „Heim für Flüchtlingskinder“. Das Kinderlager in Sisak war das größte seiner Art in Kroatien. Es unterstand der Frauenorganisation und dem Sicherheitsdienst der Ustascha. Im sogenannten „Krankenhaus“ lagen die Kinder auf dem Fußboden, auf einer dünnen Schicht schmutzigen Strohs, das durch blutigen Stuhl zusammengeklebt war und auf dem es deshalb von Fliegen nur so wimmelte. Für die Kinder gab es nichts zum Zudecken, sie waren nackt und barfuß.

Diana Budisavlević mit ihren Töchtern

Auch das Zeugnis von Jana Koch, einer Helferin von Diana, ist bis heute erhalten geblieben: „Die Baracken waren durch Korridore miteinander verbunden, in denen Leute von der Ustascha Wache hielten. Von überall her konnte man das Weinen der Kinder vernehmen. Es gab dort ungefähr vierhundert kleine Geschöpfe. Es waren ganz winzige Neugeborene, nur einige Tage oder Monate alt, bis hin zu vier Jahren. Es war nicht möglich herauszufinden, wie viele Kinder immer wieder neu hinzukamen und wohin man sie dann brachte. …“

Diana hatte ebenfalls in ihrem Tagebuch vermerkt: „Im Kinderkrankenhaus gab es einige Zimmer, in denen die Kinder lagen. Es waren Räume ohne Möbel, nur Bettpfannen. Auf dem Boden saßen oder lagen unglaublich abgemagerte kleine Kinder. Der Arzt sagte, dass es für jegliche Hilfe für diese Kinder bereits zu spät sei. Fast keines der Kinder konnte sich noch auf den Beinen halten. Sie starben an Diphterie. Man wickelte ihre kleinen nackten Körper in Papier und legte sie auf die Treppe, die hin zum Boden führte. Die anderen Kinder saßen fast die gesamte Zeit auf dem Topf, denn sie alle litten an furchtbarem Durchfall.

Wir waren von 7 Uhr morgens bis 8 Uhr abends im Lager. Wir konnten nicht alle Kinder mitnehmen, denn wir hatten nicht genügend Wagons, um sie nach Österreich zu bringen. Vor uns stand die quälende Frage: wen sollen wir von hier wegbringen – die Kranken oder die Gesunden? Es war entschieden worden, dass wir innerhalb von zwei Tagen alle transportfähigen mitnehmen könnten.

In Okučani brachten wir die kranken Kinder in ein Auto. Ich sorgte für 62 Kinder, die entweder auf den Holzbrettern oder auf Stroh in Viehwagons ohne Essen und Trinken gelegen hatten. Der Weg nach Zagreb schien unendlich zu sein. Alles, was ich tun konnte, war, sie irgendwie zu beruhigen. Im Schlaf riefen zwei Kinder nach ihren Eltern. Auf dem Bahnhof haben uns einige Leute, als sie dieses Elend sahen, Wasser gegeben. … Endlich kamen wir um 9 Uhr auf dem Hauptbahnhof an. Viele der Kinder waren bereits verstorben. Einige Tage vorher waren zwei Arbeiter aus Deutschland zurückgekehrt, die dort als Freiwillige gearbeitet hatten, um so besser nach ihren Angehörigen suchen zu können. Einer von ihnen war aus Mostar. Er hatte seine Frau und eines seiner Kinder gefunden. Doch seine kleine Tochter war verschwunden. Er wandte sich deshalb an uns. Man erlaubte ihm, durch den gesamten Zug zu gehen. Der Vater rief: „Ljubo, Ljubo“. Plötzlich ertönte im Waggon mit den kleinsten Kindern ein fürchterlicher Schrei. Wer schrie, war der Vater. Er hatte seine Tochter erblickt, die im Sterben lag. Er ergriff sie, lief zu einem Arzt, doch es war bereits zu spät.

Diana mit ihren Helferinnen in einem der Lagerkomplexe von Jastrebarsko

Wir transportierten 700 Kinder. Die Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium und dem katholischen Erzbischof bezüglich der Unterbringung und Versorgung erwiesen sich als ergebnislos. In einem alten Schloss hatten Professor Dragišić und seine Frau ein Krankenhaus eingerichtet. Dort brachten wir viele Kinder unter. Für viele war es allerdings bereits zu spät, doch einige konnten wir so vor dem sicheren Tod im Lager retten“.

Notiz vom 9. April 1944: „Wir finden Mütter, die von ihren Kindern getrennt worden sind. Wir geben Informationen über die Kinder heraus, damit sie ihre Kleinen finden können“. Und dann am 28. Mai 1945: „Ich übergebe die Unterlagen mit der Liste der Kinder für die Suche. Eine ganze Registratur mit Fotos und Notizbüchlein mit einer Liste von speziellen Aufklebern von den Kindern“.

Im Mai 1945 musste Diana Budisavlević einen heftigen Schlag hinnehmen. Das Sicherheitskomitee des damaligen Jugoslawiens, der jugoslawische Geheimdienst, beschlagnahmte das gesamte Archiv von Diana Budisavlević und verbot ihr, von ihrer Tätigkeit zu sprechen. Sie schrieb in ihr Tagebuch: „Für mich und Frau Džakula ist dies ein furchtbarer Schmerz. Wir mussten unsere Karteikarten hergeben. Wir wissen, dass jetzt viele Mütter umsonst ihre Kinder suchen werden. Zuerst mussten sie einen furchtbaren Abschied im Lager ertragen, dann litten die Mütter mehrere Jahre in den Arbeitslagern in Deutschland und am Ende wird ihnen die Möglichkeit genommen, ihrer Liebsten zu finden. Ich muss mich die ganze Zeit zusammennehmen, um nicht aus der Haut zu fahren. Es fällt mir sehr schwer hinnehmen zu müssen, dass meine Arbeit von vielen Jahren so auf diese Weise verloren gegangen ist. Es geht mir dabei nicht so sehr um meine Kartothek, denn wir hätten sie früher oder später sowieso dem Roten Kreuz übergeben, sondern vielmehr darum, dass viele Eltern nun nie ihre Kinder finden können“.

Doktor Milutin Vučkovać hat vor 50 Jahren die medizinische Fakultät von Belgrad beendet. Er hat das Klinikzentrum in Banja-Luka geleitet und in Krankenhäusern in Belgrad, Zagreb und Ljubljana gearbeitet. Für einige Generationen junger Ärzte ist er zur Legende geworden.

Doktor Milutin Vučkovać war als siebenjähriger Junge in einem Lager. Heute ist er dank der Hilfe von Diana Budisavlević noch am Leben. Er ist überzeugt, dass ihr Handeln einen Nobelpreis verdient hat. „Als ich noch nicht einmal sieben Jahre alt war, habe ich die Lager der Ustascha erlebt – berichtet Milutin. Ich wohnte damals zusammen mit meinen Eltern, meinem Opa und meinen zwei Schwestern, Zora und Elisaveta. Wir mussten von der Ustascha fliehen. Als wir es bis nach Staraja Gradiška geschafft hatten, waren die Leute der Ustascha auch dort schon. Sie trennten die Frauen von den Männern. In Jablanac haben sie den Müttern ihre Kinder entrissen. Irgendwelche Leute haben auch mich und meine Schwester gegriffen. Ich habe meine Mutter, meinen Großvater und meine Schwester nie wieder gesehen. Die Kinder wurden nach Jasenovac gebracht, danach über Zagreb nach Jastrebarsko, ins Lager für Kinder. Ich habe mitangesehen, wie meine Spielgefährten starben, erfroren und verhungerten. Erst als das „Tagebuch“ veröffentlicht wurde, habe ich erfahren, dass Diana Budisavlević nach Jablanac gekommen ist. Durch sie konnten viele gerettet werden. Dass ich als Kind dem Tod in die Augen gesehen habe, hat mir später geholfen, den Wunsch meines Vaters zu erfüllen: mich an der medizinischen Fakultät einzuschreiben und mich in meinem Leben für andere einzusetzen. Als Gynäkologe habe ich tausenden Frauen bei der Geburt ihrer Kinder geholfen. Den Schrei eines Neugeborenen kann ich immer von jenen Schreien unterscheiden, die ich damals als Siebenjähriger zu Hören bekam. Heute bin ich ein glücklicher Mensch“.

Božidarka Frait

Bekannt ist auch das Schicksal der Schauspielerin Božidarka Frait. Božidarka Grublešič stammt aus dem Dorf Žulevica in Podkozarje. Als die Ustascha ihr Dorf besetzte, war sie zwei Jahre alt. Ihre Mutter Vidosava hat mit den Leuten von der Ustascha verzweifelt um ihre Tochter gekämpft, doch letztendlich wurde sie vor den Augen ihrer Kinder getötet. 1944 haben das kinderlose Ehepaar Katharina und Stepan Frait das Mädchen mit der Nummer 527 zu sich genommen, um es „zu versorgen und zu erziehen“. Das Kind konnte sich nicht auf den Beinen halten. Ihre Ziehmutter sagte immer wieder: „Einen Krüppel haben wir zu uns genommen und ein Krüppel ist sie auch geblieben“. Die Nachbarn der Fraits haben dem Mädchen völlig unsensibel zu verstehen gegeben, dass sie nicht das leibliche Kind der Familie ist. „Als ich 17 Jahre alt geworden bin, hat meine Mutter Katharina mir erzählt, dass ich adoptiert worden bin. Sie hatten die Aufschrift „Bogdan und Vida“ und ein Kreuz gesehen und geschlussfolgert, dass meine wahren Eltern gestorben sind. Katharina hat weiterhin erzählt, dass ich immer, wenn ich rohes Fleisch gesehen habe, die Hände vors Gesicht gehalten und geweint habe“.  Dank der Bemühungen von Dara Grublešič Kukavica, der Schwester von Božidarka, konnte das Rätsel gelöst werden.

Nach dem Krieg hatte diese im Krankenhaus von Bjelovar gearbeitet. Dort hatte sie eine grausame Geschichte aus der Zeit des Krieges gehört. Eine Frau berichtete von einer Tragödie, zu deren Zeugin sie in ihrem Dorf geworden war, in das man die Leute von Kozarac gejagt hatte. Es kam auch das Lager von Sisak zur Sprache und der Name einer hochgewachsenen schönen Frau, die ermordet worden ist und der man ihr Kind weggenommen hat. Das war Vida Grublešič, die Mutter von Božidarka. Daraufhin hat Dara, die ein Oberstleutnant war, begonnen angestrengt zu suchen. Sie hat alle Archive durchwälzt, in der Hoffnung ihre Nichte zu finden. Nachdem sie aber einmal ihr Gesicht im Fernsehen gesehen hatte, gab es für sie keine Zweifel mehr. „Wir haben acht Stunden geredet, haben die Scherben eines Mosaiks zusammengesammelt, und am Ende hat alles gepasst. So habe ich von meinen Eltern und von meiner frühen Kindheit erfahren“, schrieb Božidarka nach ihrer Begegnung mit ihrer Tante. Das war im Jahr 1976.

Diana ist am 20. August 1978 in Innsbruck verstorben. Im Verlaufe ihres Lebens hat sie weder eine Auszeichnung noch einen Orden bekommen. Keine Straße ist nach ihr benannt worden. Viele, die gerettet worden sind, haben nicht einmal gewusst, dass sie es Diana Budisavlević zu verdanken haben, dass sie am Leben geblieben sind.

 

Übersetzung aus dem Serbischen ins Russische von Svetlana Alexejewna Luganskaja für www.world-war.ru

Uebersetzt von Henrik Hansen
www.deu.world-war.ru

 

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