3 Dezember 2012| Redaktion

Der Preis für eine Tätigkeit als Katechet

Metropolit Sergij (Voskresenskij)

Metropolit Sergij (Voskresenskij) wurde am 26. Oktober 1898 in Moskau in einer Priesterfamilie geboren. Er besuchte die Moskauer Geistliche Fachschule und war von 1918 bis 1922 im Staatsdienst tätig. 1922 trat er in das Moskauer Danilow-Kloster ein und war als Novize Assistent von Bischof Fjodor (Pozdeevskij), des Rektors der Petrograder Geistlichen Akademie. 1925 wurde er zum Mönch geweiht und war ab 1926 Sekretär im Patriachatsamt in Moskau.

1930 wurde ihm als Priester eine Gemeinde in der Stadt Orechowo-Sujewo anvertraut. Zur gleichen Zeit bekleidete er die Stelle als Assistent von Metropolit Sergij (Stragorodskij) und war als Mitarbeiter im Patriachatsamt für juristische Fragen zuständig. Ab 1931 übernahm er als Chefredakteur die Verantwortung für die Zeitschrift des Moskauer Patriachats. 1933 wurde er zum Bischof von Kolomna geweiht und war somit ein Stellvertreter des Moskauer Bistums. Von 1937 an leitete Bischof Sergij als Erzbischof von Dimitrow die Amtsgeschäfte des Moskauer Patriachatsamts. 1939 wurde ihm der Dienst in Lettland übertragen. Das kirchliche Leben im Baltikum und im Nordwesten Russlands unterschied sich während der deutschen Besetzung deutlich vom übrigen Russland. Es war die einzige Region innerhalb der besetzten Gebiete der UdSSR, in der die Präsenz des Moskauer Patriachats in Form eines Exarchats uneingeschränkt fortbestand, ja, sogar noch ausgebaut werden konnte.

Das Exarchat „Baltikum“ wurde 1941 als eine besondere Metropolie eingerichtet, zu der die Bistümer Lettland und Estland gehörten. An seiner Spitze stand der Metropolit von Litauen und Vilnius Sergij, der zuvor einer der engsten Mitarbeiter des Patriarchatsverwesers Metropolit Sergij (Stragorodskij) gewesen war.

Gleich in den ersten Tagen der Besetzung durch die Deutschen wurde Metropolit Sergij verhaftet, dann jedoch nach kurzer Zeit wieder frei gelassen. Der Bischof konnte Hitlers Männer davon überzeugen, dass er ein Gegner des Kommunismus ist und dass eine Unterstützung der Gläubigen durch die Deutschen deren Ansehen unter der Bevölkerung stärken würde.

Unter der Leitung von Metropolit Sergij wurde ein breites, auf die Zukunft hin ausgerichtetes Programm zur religiösen Wiedergeburt der Bevölkerung in den besetzten Gebieten vorbereitet. Mit seinem bischöflichen Segen wurden im August 1941 in den Bistümern von Pskow, Nowgorod, Leningrad und in denen von Velikie Luki und Kalinin Missionszentren eingerichtet, denen es gelungen war, bis zum Jahresbeginn 1944 etwa 400 neue Gemeinden zu gründen, die von 200 Priestern betreut wurden.

Metropolit Sergij erbat von den Deutschen finanzielle Mittel sowie  Lebensmittel und Medikamente zur Unterstützung von Flüchtlingen. Während der damaligen Hungerjahre fehlte es den Kirchen nicht an Kerzen und Öl für die Öllämpchen, die vor den Ikonen brennen, und auch nicht an Prosphoren für den Gottesdienst. Sogar Wein wurde zur Feier des Abendmals von den Deutschen geliefert. Metropolit Sergij erwirkte die Erlaubnis, Gottesdienste in den Lagern sowjetischer Kriegsgefangener abzuhalten (diese wurden allerdings nach 5 Monaten wieder verboten).

Als geschickter Administrator und Diplomat gelang es dem Metropoliten Sergij, kirchliche Zeitungen und Zeitschriften herauszugeben, den Religionsunterricht in den Schulen wieder einzuführen und sogar ein Museum, das die Orthodoxe Kirche darstellte, zu eröffnen.

Im Herbst 1943 jedoch begannen sich zwischen der deutschen Besatzungsmacht und dem Metropoliten gewaltige Spannungen zu entwickeln. Die Deutschen weigerten sich, die Rechtmäßigkeit der Wahl von Sergij Stragorodskij zum Patriarchen durch eine Bischofssynode 1943 in Moskau anzuerkennen. Für Metropolit Sergij war die Wahl rechtmäßig und nach den Richtlinien der Kirche verlaufen. Er zögerte deshalb eine öffentliche Stellungnahme bezüglich dieser Angelegenheit lange hinaus, worauf die Deutschen verärgert reagierten. Die Besatzungsmacht plante, zu dieser Frage eine Konferenz in Riga abzuhalten, auf der Vertreter der orthodoxen Geistlichkeit aus den besetzten Gebieten der UdSSR zugegen sein sollten. Den Vorsitz der Konferenz sollte Metropolit Sergij übernehmen. Die Rigaer Gestapo hatte jedoch herausgefunden, was der Standpunkt des Metropoliten zu dieser Frage war. Daraufhin trugen sie Materialen zusammen, die die Person des Metropoliten in ein schlechtes Licht rücken sollten.

Außerdem war den Deutschen der große Erfolg der Wiederbelebung des kirchlichen Lebens ein Dorn im Auge. Im Frühjahr 1944 war der 4. Abteilung der Sicherheitspolizei und der Gestapo in Riga jeder Schritt des orthodoxen Würdenträgers bekannt: dass er sich von anderen kirchlichen Hierarchen, die mit den Deutschen zusammenarbeiten, distanziert, dass er Radio Moskau hört und das sowjetische Lied „Blaues Kopftuch“ besonders gerne hat. Die Deutschen hatten bald begriffen, dass der Metropolit nur den Schein erweckt hatte, dass er mit ihnen zusammenarbeiten würde. In der Tat ging es ihm jedoch nur um seine Arbeit innerhalb der Kirche, die auf die Vereinigung der drei Kirchen der benachbarten baltischen Staaten zielte und damit auf die Erfüllung jener Mission, zu der er beauftragt worden war, nämlich die Wiederbelebung des kirchlichen Lebens in diesen drei Ländern.

Am 29. April 1944 wurde der Metropolit ermordet. Sein Dienstwagen, mit dem er auf der Chaussee Vilnius-Kaunas unterwegs war, wurde von Motorradfahrern in deutscher Uniform beschossen. Die Umstände seines Todes sind bis heute nicht geklärt. Anderen Angaben zufolge wurde der Metropolit durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD getötet. Es ist bekannt, dass er einen Tag vor seiner Ermordung ein Totengedächtnis für den Sänger D. Smirnov abgehalten hat, nach diesem er gesagt haben soll: „Dieses Totengedächtnis habe ich für mich selbst zelebriert“. Der Mutter des Metropoliten Sergij Zoja Dimitrjewna wurde im Jahre 1946 eine versiegelte kleine Truhe zugestellt, in der all das aufbewahrt war, was von ihrem Sohn noch übrig war: seine Amtsinsigne mit dem Marienbild, ein Federbett mit Kopfkissen und ein Hemd mit zwölf Löchern von Einschüssen. Metropolit Sergij ist neben der Kirche auf dem Maria-Schutz uns Fürbitte-Friedhof in Riga beigesetzt.

 

Uebersetzt von Henrik Hansen
www.deu.world-war.ru

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