20 Oktober 2013| übersetzt von priester Thomas Diez

Bekenner: Verurteilung fuer den Kampf gegen das Boese

Neumaertyrer und Bekenner

Priester Iwan Iwanowitsch Sokolow mit Gattin, 1897.

Iwan Iwanowitsch Sokolow wurde am 6. Januar 1873 im Gebiet von Iwanow geboren, im Dorf Podolez, als Sohn des Diakons in diesem Dorf. Schon als kleines Kind verwaiste er. Zuerst verstarb sein Vater, und dann die Mutter. Der Priester der Kirche nahm Iwan auf und trug Sorge fuer seine Erziehung und Ausbildung. Der Junge lernte gut, war gehorsam und freundlich.

Vater Joann hegte in der Folge sein ganzes Leben lang verwandtschaftliche Gefuehle fuer die Familie, in der er aufgewachsen war und unterhielt bruederliche und freundschaftliche Beziehungen zu denen, die fuer ihn Brueder und Schwestern waren. Die Kinder Vater Joanns standen ihrerseits in enger Verbindung mit den Kindern Alexandra Jelchowskajas, einer Tochter des Priesters, der Vater Joann grossgezogen hatte. Matuschka Alexandra war mit dem Priester Jewgenij Jelchowski verheiratet, dem Gemeindevorsteher einer Kirche in Pereslawl-Saleskij, der in den Lagern ums Leben kam.

Im Jahr 1894 schloss er das geistliche Seminar von Wladimir ab. Im Seminar zeichnete sich Iwan Iwanowitsch durch seine Faehigkeiten, seinen Fleiss und gutes Benehmen aus. Nach Beendigung des Seminars heiratete Iwan Iwanowitsch Ljudmilla Michailowna Archangelskaja, die Tochter des Erzpriesters aus dem Dorf Petrowski, das im Rostower Kreises des Gouvernements von Jaroslawl lag. Im Jahr 1897 wurde er zum Priester geweiht.

Seinen Dienst trat er im Gouvernement von Wladimir an, im Dorf Nestorowo. Im Jahr 1922 wurde er ins Dorf Faleleewo geschickt, und dann in die Stadt Jurew-Polski, in die Kirche der hl. Uneigennuetzigen Kosmas und Damian. Vater Joann widmete der Grundlegung hoechster moralischer Prinzipien bei seinen geistlichen Kindern grosse Aufmerksamkeit. Oft hielt er Predigten in der Kirche, bei denen zahlreiche Gemeindemitglieder zugegen waren.

Vater Joann hatte zehn Kinder und nahm grossen Anteil an ihrer Erziehung, wobei er in ihnen den Wunsch foerderte, Gott und den Menschen zu dienen. Er liebte sehr die Natur, sammelte mit den Kindern Pilze und ging mit ihnen zum Fischen. Von Kindheit an gewoehnte er sie an Arbeit und brachte ihnen die Achtung vor den Aelteren bei. Zuhause herrschte eine Atmosphaere des Friedens und der gegenseitigen Anteilnahme.

Die acht Toechter Vater Joanns wurden Lehrerinnen, ein Sohn absolvierte das Seminar von Wladimir, wurde aber aufgrund der tragischen revolutionaeren Ereignisse von 1917 nicht Priester, sondern Chirurg. (Professor Iwan Iwanowitsch Sokolow, Doktor der Medizin, Lehrstuhlinhaber fuer Chirurgie des Zweiten medizinischen Instituts von Moskau. Er arbeitete fuenfzig Jahre lang im Sklifosowski-Institut, an dem er die Abteilung fuer Traumatologie leitete).

Die Kirche im Dorf Weskowo

Im Jahr 1924 wurde Vater Joann in den Bezirk von Pereslawl-Saleski versetzt. Da es fuer Vater Joann und seine Familie schwierig wurde, in der Stadt zu leben, zogen sie in das Dorf Weskowo, wo er bis zu seiner Verhaftung 1937 diente. Die Gemeinde war klein, die Gemeindemitglieder schaetzten Vaeterchen und wandten sich an ihn um Rat und Hilfe. Fuer die Sakramentenspendung nahm Vater Joann kein Geld, und die Familie lebte davon, dass sie den ihr zugeteilten Streifen Land bestellte. Vater Joann arbeitete oft selbst auf dieser Parzelle. Man erkannte Vaeterchen das Wahlrecht ab.

Im Oktober 1937 erfolgte der erste Arrest. Vater Joann spuerte sein Herannahen und besuchte alle nahen Verwandten und Kinder, verabschiedete sich von allen mit Traenen in den Augen.

Eine Trojka der Verwaltung des Volkskommissariats fuer innere Angelegenheiten der UdSSR im Jaroslawler Gebiet erhob Anklage wegen der Teilnahme an einer konterrevolutionaeren kirchlich-monarchistischen Organisation, der Ausuebung von Propaganda gegen die Kolchosen, und der Glorifizierung von Volksfeinden. Das Urteil lautete auf zehn Jahre Arbeitslager.

Dem Zeugnis einer Frau zufolge, die aus demjenigen Lager befreit worden war, in dem Vater Joann einsass, half er den Gefangenen, unterstuetzte sie in schwierigen Augenblicken, und flickte ihr zerrissenes Schuhzeug. Seine Mithaeftlinge liebten und schaetzten ihn sehr. Vater Joann verstarb in Haft am 28. August 1942 an Entkraeftung und Ruhr.

Im Jahr 1989 wurde er rehabilitiert.

Quelle: Archiv der Verwaltung des foederalen Sicherheitsdienstes fuer das Jaroslawler Gebiet D.S-3275.

Priester Alexander Dmitrewitsch Netschaew

Alexander Dmitrewitsch Netschaew wurde am 28. Juni 1877 geboren. Aus den Familienmemoiren geht hervor, dass er im Staedtchen Totma des Archangelsker Gouvernements geboren wurde, in dem die Familie bis zur Jahrhundertwende lebte.

Im Jahr 1897 schloss er das Wologodsker geistliche Seminar ab. Vater Alexander war ein faehiger und gebildeter Mensch, besonders seine Umgaenglichkeit und Heiterkeit fielen auf. Er diente in der Kathedralkirche von Archangelsk.

Waehrend des 1. Weltkriegs „leitete Vater Alexander unentgeltlich das bischoefliche Lazarett von Archangelsk und war Mitglied des Archangelsker bischoeflichen Wohltaetigkeitskomittees“. Im Maerz 1917 wurde in Archangelsk die „Vereinigung der Geistlichkeit und Laien“ gegruendet, zu deren Sekretaer Vater Alexander gewaehlt wurde. Ebenso war er Mitglied des Vollzugsausschusses dieser Vereinigung. Er fuehrte das Grundbuch der Versammlungen der Vereinigung und – so kann man vermuten –, verfasste alle wesentlichen Dokumente der Vereinigung, zu deren Zielen erklaertermassen die Eroerterung der Frage der „Verbreitung der evangelischen Prinzipien im ganzen Leben des Volkes, die Festigung der sittlichen Autoritaet der Geistlichkeit, die Vereinigung des glaeubigen Volkes in lebendigen gemeindlichen Einrichtungen und die Organisation des erfolgreichen Kampfes gegen das Boese, d.h. die Gottlosigkeit“ gehoerten. Eine solche Taetigkeit konnte nicht lange unbemerkt bleiben.

Die ausserordentliche Kommission des Gouvernements ermittelte in der Sache der „Vereinigung der Geistlichkeit und Laien“; u.a. auch gegen Vater Alexander. Im Jahr 1920 wurde er verhaftet. Man verurteilte ihn fuer die Teilnahme an der konterrevolutionaeren kirchlichen Organisation „Vereinigung der Geistlichkeit und Laien“. Das Urteil ist nicht bekannt. Er war im Butyrskij-Gefaengnis inhaftiert.

Ueber das Leben Vater Alexanders in den zwanzger Jahren ist wenig bekannt. Man kann davon ausgehen, dass sein Leben in dieser Zeit ungeordnet und problematisch war: Seine Frau verliess ihn und nahm zwei Kinder mit sich nach Moskau, zwei blieben bei Vater Alexander in Archangelsk.

1930 wurde er zweimal verhaftet. Der Urteilsspruch – systematische antisowjetische Predigt ueber eine angeblich in der UdSSR stattfindende Religionsverfolgung. Im Lauf der Ermittlungen versuchte man, Vater Alexander dazu zu bewegen, seinem geistlichen Stand abzusagen, doch er lehnte kategorisch ab und bekannte sich nicht als schuldig. Er wurde zu drei Jahren Konzentrationslager verurteilt. Im November 1930 verbannte man ihn in das autonome Gebiet von Komi. Im Jahr 1932, als sich Vater Alexander offensichtlich noch in Verbannung befand, zog man ihn in einer neuen Angelegenheit zur Rechenschaft.

Die letzte Verurteilung erfolgte am 11. Oktober 1937 fuer konterrevolutionaere Taetigkeit und antisowjetische Propaganda unter den verbannten Kirchentreuen und der Bevoelkerung. Verurteilung zu zehn Jahren Arbeitslager. Nachdem er die Hдlfte dieser Frist abgebuesst hatte, wurde Vater Alexander im November 1942 Invalide und verstarb. Er wurde in vollem Umfang rehabilitiert.

Quelle: „Die repressierte orthodoxe Geistlichkeit des Gebiets von Komi“ (biographisches Handbuch)/ zusammengestellt von M.B. Rogatschow. Syktywkar: „Memorial“, 2003. S. 45-46.


Aus den Materialien des Theologischen Instituts zum hl. Tichon

Uebersetzt von Priester Thomas Diez

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