12 Juni 2012| Uljanow Alexander Alexandrowitsch

Wie ich zum Leiter der Aufklärung wurde

Alexander Uljanow

Was Krieg bedeutet erfuhr ich, als ich gerade 11 Jahre alt war und in Minsk bei der Oma wohnte. Zu ihr war ich geraten, nachdem meine Eltern im Schreckensjahr 1937 zu Feinden des Volkes erklärt und erschossen worden waren. Am ersten Tag des Krieges fielen keine Bomben auf Minsk. Scheinbar hatten die Deutschen die Stadt einfach nicht finden können, denn am 21. und 22. Juni wurde den Menschen in Kursen gezeigt, wie sie sich im Falle von Luftangriffen verhalten sollten, und die gesamte Stadt verdunkelt.

Wir Jungs fanden das sehr aufregend, denn man erlaubte uns, mit unseren Katschies auf sämtliche Fenster, die die Bewohner dahinter nicht abgedunkelt hatten, zu schießen und die Scheiben kaputt zu machen. Das wurde laut genug überall verkündet und natürlich hatte niemand besondere Lust, Zeit und Geld für einen Glaser zu verwenden. Deshalb wurde der Aufruf, sämtliche Fenster abzudunkeln, auch sorgfältig befolgt. So verging die erste Nacht des Krieges ruhig. Sicher, am 22. Juni, nachdem Molotow geredet hatte, verbreiteten sich Gerüchte, dass die Faschisten am Morgen den Militärflugplatz am Rande der Stadt bombardiert haben sollen. Ob das aber wirklich stimmt, wage ich nicht zu behaupten. Am 23. Juni heulten viele Male die Sirenen und warnten vor einem Luftangriff und in der Tat warfen einige Flugzeuge Bomben auf verschiedene Stadtteile ab.

Am 24. war der Angriff aus der Luft am stärksten: Die Bomber flogen ohne Pause, immer in neuen Wellen. Häuser wurden zerstört und brannten aus. Das Hauptziel der Bomber war den ganzen Tag über der Regierungssitz – ein riesiges Gebäude, ein Monolith aus Beton — im Zentrum der Stadt. Nicht nur einmal fielen 100-Kilo schwere Sprengbomben auf es nieder, konnten aber nicht mehr als eine oder zwei Etagen zerstören. Rund herum lag alles in Trümmern, das gigantische Bauwerk jedoch stand unerschütterlich wie ein Fels.

Von der ersten Stunde des Krieges an war ich auf mich allein gestellt. Meine Oma war Krankenschwester und half die ganze Zeit im Krankenhaus bei den Operationen. Sie tauchte nur sehr selten bei uns zu Hause auf. Sicher, dort war zuerst noch Tante Julja, die Hausangestellte, doch sie war von all dem, was rund herum geschah, so in Angst und Schrecken versetzt, dass sie keine Kraft hatte, sich auch noch um mich zu kümmern. Am 23. siedelte sie an den Stadtrand von Minsk um, nach Komarowka, wo ihre Tochter und andere Verwandte wohnten. Ich habe sie nie wiedergesehen. Was aus ihr geworden ist, weiß ich nicht.

Ich selbst erlebte den ersten Luftangriff im Zentrum, unweit vom Regierungssitz. Gemeinsam mit den Kameraden vom Stab der Luftverteidigung „jagte“ ich alle, die sich auf der Straße befanden, voller Stolz darüber, eine eigene Gasmaske zu haben und eine rote Armbinde zu tragen — man hatte mir beides im Stab gegeben — in die Luftschutzkeller. Ich fand es aufregend, solange die Flugzeuge nur am Horizont zu sehen waren. Als jedoch über meinem Kopf mit kreischendem Heulen und seelenzerfetzendem Getöse die Bomben fielen und überall das furchtbare Krachen von Einschlägen und Explosionen zu hören war, als neben mir ein mehrstöckiges Wohnhaus, was erst kurz vor dem Krieg für die Arbeiter der Industriekooperative gebaut worden war, wie ein Kartenhaus zusammenfiel und alles um mich herum in Flammen stand, rannte ich, ohne an irgendwas zu denken – nicht einmal an mich selbst – voller Schrecken davon. Ich lief, wohin mich die Augen führten, bis ich dann irgendwo am Stadtrand, in Storoshewka, angelangt war. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verhangen war, doch, als ich zu mir kam, schien die Sonne schon in ihrem warmen Abendlicht. Aber was rede ich? Was für eine Sonne? Der gesamte Himmel war schwarz vom Rauch brennender Häuser, ja ganzer Stadtteile.

Flugzeuge waren nicht mehr zu sehen. Man konnte hören, wie Entwarnung gegeben wurde. Langsam kamen auch wieder Menschen auf die Straße. Ich begab mich zurück zum Regierungssitz. Alles um ihn herum lag in Schutt und Asche. Am Eingang zu dem Luftschutzkeller, in den wir morgens die Bewohner der umliegenden Häuser geleitet hatten, war eine provisorische Sanitätsstelle eingerichtet. Eine ganz in der Nähe eingeschlagenen Sprengbombe hatte einen Teil des Schutzraumes zerstört und einige Menschen waren verletzt worden. Zum Glück gab es keine Toten.

Gemeinsam mit den Kameraden vom Stab und anderen Jungs suchten wir alle Ecken des Kellers ab, um sicher zu gehen, dass dort niemand mehr war. Erst jetzt fühlte ich einen enormen Hunger, denn ich hatte nur morgens zu Hause etwas gegessen. Ich rannte nach Hause, doch da war nichts mehr. Unser Wohngebiet, das aus kleinen Holzhäusern mit unzähligen noch kleineren ebenfalls aus Holz gebauten Scheunen und Schuppen bestand, war bis auf den Grund niedergebrannt. Nur die verkohlten Gerippe der halbzerstörten Öfen erinnerten noch daran, dass morgens hier noch unsere Häuser gestanden hatten. Erst jetzt begriff ich, was eigentlich passiert war, und ein tiefes Grauen erfasste mich.

Bis zu diesem Moment hatte ich auf alles nur quasi wie von außen geblickt. Erst jetzt jedoch begriff ich, dass es unser Haus nicht mehr gab, weder das unsere noch das unserer Nachbarn. Mir wurde bewusst, dass ich jetzt gar nicht mehr weiß, wo ich etwas ich zu essen bekommen kann, wo schlafen und wo ich nun ganz allgemein hingehen soll? Und niemand fühlte sich für mich verantwortlich. Jeder hatte seine eigenen Sorgen. Ich lief ins Krankenhaus zur Oma, doch auch dort wurde ich enttäuscht. Man hatte die Kranken schon am Tage evakuiert und niemand konnte mir sagen, ob auch meine Oma mit ihnen gefahren oder aber in der Stadt geblieben war und mich jetzt vielleicht irgendwo sucht.

Ich lief zu den Frunsekasernen. So hatte man nach der Revolution die alten Militärkasernen genannt, die bereits unter Alexander II. gebaut worden waren. Jemand hatte mir gesagt, dass man dort die Proviantlager geöffnet hatte und Lebensmittel verteilt wurden. Und in der Tat, die Lager waren geöffnet und viele Leute füllten dort Säcke, Kisten und Koffer mit Konservendosen, Zwieback und anderen Lebensmitteln. Ich hatte weder einen Sack, geschweige denn einen Koffer. So füllte ich meine Hosentaschen mit einer Handvoll Zwieback, nahm einen Bund mit Trockenfisch und ging in die Kaserne hinein, in der Hoffnung, dass mir dort die Rotarmisten etwas Gehaltvolleres zu Essen geben, wie sie es schon einige Male getan hatten: Wir Jungs spielten gerne in einer alten Kasernenruine, die im Ersten Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut worden war. Dort fanden wir es toll und manchmal spielten wir da bis spät und vergaßen alles um uns herum. Die Rotarmisten schauten uns oft aus den Fenstern ihrer Kasernen zu und die Diensthabenden stecken uns oft etwas zu Essen zu. Sie brachten uns Buletten mit dampfender Weizengrütze oder Graupen. Dazu gab es dann dieselben Konserven, mit denen die Menschen nun aus dem Lager versorgt wurden.

Doch die Kasernen waren verwaist, niemand war mehr da. Das war sehr ungewöhnlich. Ich ging zu den Schlafsäle. Der große Raum mit den Doppelstockbetten war leer. Alles verriet die Eile, mit der die Kaserne verlassen worden war: die kleinen Nachtschränkchen waren geöffnet, Sachen lagen herum. Neben der einen Koje sah ich einen Soldatenrucksack, einen „Sidor“ mit einem abgerissenen Trageriemen. Auf dem kleinen Schränkchen lag ein Bajonettaufsatz von dem Selbstladegewehr von Tokarew zusammen mit der Hülle. Ohne zu wissen wozu, nahm ich den Bajonettaufsatz und auch den Rucksack. Ich fand auch eine schmale schiffchenförmige Soldatenmütze und nahm auch diese mit, wie ebenso auch einen Kommandeursgürtel mit einem Stern. Im Schlafsaal nebenan fand ich eine Flasche und einen Becher und dann auch einen Napf.

Ich füllte den Napf mit Wasser und weichte den Zwieback darin auf, um diesen dann zusammen mit dem Trockenfisch zu essen. Es war wirklich lecker. Danach kehrte ich in das Proviantlager zurück. Dort hatten sich noch mehr Menschen versammelt. Trotzdem konnte ich einige Konservendosen ergattern und etwas Weizenkonzentrat. Mit all dem füllte ich meinen „Sidor“ und ging zurück in die Kaserne. Mit dem Bajonettaufsatz öffnete ich eine der Konserven und weichte wieder einige Stück Zwieback darin ein. So aß ich dann, wie es sich gehört. Die Nacht verbrachte ich in der Kaserne auf einer der Kojen und am Morgen machte ich mich auf die Suche nach Oma. Ich lief alle Bekannten ab: einige hatten es geschafft fortzufahren und die, die da gebliebenen waren, konnte mir über sie keine Auskunft geben. Zum Abend hin kehrte ich in die Kaserne zurück, so als ob nun dort mein neues Zuhause war. Die nächsten Tage zogen an der Kaserne immer wieder Truppen entlang. Sie waren auf dem Rückzug weiter ins Hinterland. Einige Male drängte ich mich zu ihnen, um mit ihnen zu gehen, doch dann blieb ich immer wieder zurück und machte mich erneut auf die Suche nach Oma.

Am 27. Juni besetzten die Deutschen Minsk. Es begann die Zeit der Schrecken und des Grauens! In den ersten Tagen ließen die Okkupanten überall in den Straßen Plakate mit Anweisungen aufhängen: Sämtliche Waffen sind abzugeben, ebenso auch Radios! Alle Kommissare haben sich zu melden oder sind anzuzeigen, ebenso haben sich alle Juden und Mitglieder der Kommunistischen Partei zur Registrierung einzufinden. Es wurde untersagt, von abends sieben Uhr bis morgens sechs Uhr in der Stadt umherzugehen. Allen Männern von 18 bis 40 wurde befohlen, sich in der Kommandantur einzufinden. Allen Juden wurde der gelbe Stern auf die Kleidung genäht, auf die Brust und auf den Rücken, sie wurden aus ihren Häusern geholt und in ein extra eingerichtetes Ghetto gebracht. Manchmal veranstalteten die Deutschen auf der Straße Razzien und ergriffen ohne Vorwand jeden, der ihnen in die Quere kam, und erschossen ihn. Die Frunsekaserne, die mir in den ersten Tagen als Unterschlupf gedient hatte, war von den deutschen Flaksoldaten bezogen worden. Ich hatte also so keine Bleibe mehr. Mich weiter in der Stadt aufzuhalten, ohne ein Dach über dem Kopf und ohne die Hilfe von Angehörigen, machte keinen Sinn. Es war sogar gefährlich. Zwei Nächte, die ich in einem unversehrt gebliebenen Zimmer in einer der Ruinen verbracht hatte, überzeugten mich nur noch mehr davon, dass es zu gefährlich für mich alleine war.

Ich entschied deshalb, mich nach Moskau aufzumachen, wo meine Schwester lebte und die Verwandte von meines Vaters Seite. Andere nahe Angehörige hatte ich nicht. Mein Vater hatte noch eine andere Schwester, aber wo ich sie suchen sollte, wusste ich nicht, denn sie war vor kurzem mit ihrem Mann nach Riga umgezogen. Mitte August machte ich mich also auf den Weg. Ich verließ Minsk auf der Logojskij-Chaussee in Richtung des kleinen Städtchens Astraschitskij. Auf der offenen Chaussee zu gehen war gefährlich, denn aus jedem vorbeifahrenden Auto konnten Maschinengewehrsalven abgeschossen werden. Einfach so. Deshalb ging ich auf den sandigen Wegen zwischen den Dörfern und schlug mich langsam immer weiter nach Osten durch. Ich dachte mir eine Geschichte aus, dass ich angeblich in Moskau zur Schule gehe und für die Ferien ins Pionierlager nach Nowoelnje gekommen war. Nachdem das Lager jedoch aus der Luft beschossen wurde, war ich verloren gegangen und bin nun auf dem Weg nach Hause, nach Moskau. Man muss zugeben, dass in dieser Geschichte nicht alles erlogen war: In der Tat verbrachten die Schüler aus Moskau gewöhnlich ihre Ferien in einem Pionierlager in Nowoelnje. Dieses Lager war wirklich bombardiert worden und die Kinder waren in alle Richtungen geflohen. Als einer von ihnen gab ich mich nun also aus. Die Deutschen interessierten sich für mich kaum. Die Polizei jedoch machte mir das Leben schwer. Sie versuchten sich mit allem vor ihren neuen Herren verdient zu machen und fanden immer einen Vorfand, um die Menschen zu schikanierten. Meine Geschichte jedoch erschien ihnen glaubhaft und so gelang es mir, immer weiter von Dorf zu Dorf voranzukommen.

Am zweiten oder dritten Tag geriet ich unerwartet zwischen die Fronten, wo geschossen wurde. Anfang Juli nahm bei Minsk die Hundertste Rotearmeedivision den ungleichen Kampf mit den Deutschen auf und hielt bis zum letzten Soldat die Stellung. Ja, jene berühmte „Hundertste“, die dann auch später in Lieder besungen wurde. Hier war ihre letzte Feuerlinie. Hier gaben ihre Soldaten ihr Leben. Die Verteidigungslinie war genau gezeichnet durch Schützengräben, die gegraben waren zwischen den Trichtern der Granaten und Bomben. Das Feld vor diesen Schützengräben waren übersäet mit Kreuzen aus Birkenholz, den Gräbern der Deutschen, die ihren Tod auf diesem Fetzen weißrussischer Erde gefunden hatten. Es waren viele dieser Kreuze. Auf meinem Weg an einem Schützengraben entlang traf ich plötzlich auf ein halbverschüttetes Gewehr. Eins von uns. Danach fand ich auch ein zweites und ein drittes … Ohne eigentlich zu wissen, warum, begann ich all die Gewehre, die ich entdeckt hatte, zusammenzutragen. Erst dann erinnerte ich mich daran, dass ja auch Pawel Kotschagin Gewehre versteckt hatte, damit nicht der Feind sie in seine Hände bekommt. Also werde auch ich diese Gewehre verstecken, damit sie die Deutschen nicht kriegen, dachte ich mir. Gerade zum Ende des letzten Schuljahres hatten wir alle zusammen in der Klasse das Buch von Nikolaj Ostrowski gelesen und darüber gesprochen. Und so versuchte ich es Pawel gleichzutun. Nun bekamen meine endlosen Wanderungen von Dorf zu Dorf einen Sinn. Ich ging tagsüber an den Waldrändern entlang, wo die unseren Schützengraben gegraben haben könnten, suchte nach Waffen und versteckte sie. Die Nächte verbrachte ich in der Regel mit den Kindern aus den Dörfern, nachdem diese die Pferde für die Nacht auf die Weide hinaustrieben hatten. Sie brachten mir aus ihren Häusern Brot, Speck und hausgemachte Wurst. Gemeinsam gruben wir Kartoffeln aus der Erde und rösteten sie auf dem Feuer. Wie lecker waren diese gebackenen Kartoffeln! Ich erzählte den Kindern alle möglichen Geschichten — einige wahre, einige ausgedachte — und sie warnten mich, wenn im Dorf übermäßig eifrige Polizisten erschienen.

Während meiner Fußmärsche über die Schlachtfelder fand und versteckte ich mehr als dreißig Gewehre, drei Maschinengewehre (zwei handbetriebene „Degtjarew“ und eins von einem Panzer,einem Schützenpanzer.) Weiterhin fand ich Granaten, Patronen und Minen von Granatwerfern. Ich begriff schnell, die gefundenen Waffen auseinanderzunehmen, sie zu säubern und wieder zusammenzubauen. Ich erlernte es sogar, ganz gut mit der Pistole zu schießen. Um zu trainieren ging ich weiter in den Wald hinein und schoss auf Papier, das ich auf einen Zweig gespießt hatte. Einige Male stieß ich auf Rotarmisten, die der Einkesselung entkommen waren. Selten trug einer von ihnen noch seine Uniform. Alle waren auf ganz eigene Weise gekleidet. Nicht alle hatten eine Waffe. Manchmal versprachen sie mir, mich mit zunehmen. Das war abends. Am nächsten Morgen jedoch schlichen sie sich leise davon, während ich noch schlief. Ich hatte mich bereits daran gewöhnt und bat sie schon nicht mehr allzu sehr. Eines Abends saß ich an einem Waldrand und röstete Kartoffeln auf dem Feuer. Den ganzen Tag hatte ich damit verbracht, Minen von einem Granatwerfer in einen Bombentrichter zu sammeln und dort zu vergraben: eine ganze Ladung, die ich ganz in der Nähe von meinem Rastplatz gefunden hatte. Irgendwie gab es in den benachbarten Dörfern keine Kinder, so war ich allein und sogar etwas eingeschlummert.

Plötzlich hörte ich ein Knacken. Aus dem Wald kamen drei Soldaten: Drei Kommandeure – ein Hauptmann, ein Oberstleutnant und ein Major. (Wie sich später herausstellte – der Kommissar eines Batallions.) Sie traten zu mir ans Feuer. Ihre Uniformen waren ordnungsgemäß: saubere Stiefel, eingenähte Kragenblenden – so wie es sich zu Friedenszeiten gehört. Auch ihre Waffen waren in bestem Zustand. Alle hatten neue Maschinenpistolen vom Typ PPD, Pistolen vom Typ TT und Granaten in einer Tasche aus Zeltplanen am Gürtel. So wie man sie im Kino zeigt.

— Unsere sind zurückgekommen! Unsere! – rief ich voller Freude.

— Unsere, unsere sind nur aus einem bestimmten Grund zurückgekommen – du irrst dich. Der Hauptmann sah mich an und lächelte.

— Wen gibst du hier ab, Junge? Einem Bengel vom Dorf bist du nicht gerade ähnlich, oder?

— Ich bin keineswegs einer vom Dorf. Ich bin aus Moskau. Ich war im Pionierlager in Nowoelnje. Man hat uns bombardiert und wir sind alle davongelaufen. Und so bin ich jetzt auf dem Weg nach Hause, nach Moskau. Der Oberstleutnant mischte sich ein. Und wo in Moskau wohnst du, kannst dich erinnern?

— Natürlich. In der Ersten Meschanskaja, Nr. 7, Wohnung 11

— Und welcher Trolleybus fährt auf der Menschanskaja?

— Der Zweier

— Richtig, hast ein gutes Gedächtnis.

— Und wie heißt du? – fragte mich der Kommissar.

— Schurka. Die Jungs vom Dorf nannten mich immer Schurka – der Moskauer.

— Nun also, Schurka – der Moskauer, kommst du mit uns?

— Wollt ihr mich wirklich mit euch nehmen, oder sagt ihr das nur so? Denn viele hatten mir schon versprochen, mich mitzunehmen, doch dann waren sie immer ohne mich fort.

— Wir meinen es ernst. Nach Moskau geht’s aber nicht sofort. Wir müssen hier erst mal noch ein bisschen kämpfen.

— Und ich mit euch? Werde ich auch kämpfen?

— Natürlich, auch du mit uns. Und kämpfen wirst du auch. Was meinen Sie, Vasillij Timofeewitsch? – er wandte sich an den Hauptmann – taugt er zu einem Soldaten?

— Ich denke, ja. Wir werden ihm aber eine Waffe geben, die nicht zu groß für ihn ist.

— Ich habe schon eine! Eine Pistole – antwortete ich und verschwand kurz hinter dem Busch, zog von dort meinen „Sidor“ hervor und zeigte ihnen meine Pistole.

— Was meinen Sie, wie ich schießen kann! Ich habe auch noch Gewehre versteckt und Maschinengewehre. Auch Granaten habe ich und Patronen. Leider nicht hier. Aber hier ganz in der Nähe habe ich Minen von einem Granatwerfer versteckt.

— Das ist ja super! Was meint ihr, Freunde? – wandte sich der Kommissar an seine Kameraden. Der Hauptmann schaute den Kommissar an, dann auf mich und lächelte verschmitzt.

— Ich denke, Genosse Kommissar, das wir nun ein vollständiges Team sind. Ein Kommandeur – er zeigt auf sich – ein Kommissar – er wies auf den Kommissar – einen Stabsführer – er deutete mit einer Handbewegung auf den Oberstleutnant — und jetzt haben wir auch einen Leiter der Aufklärung

Nachdem er dies gesagt hatte, legte er seine Hand auf meine Schulter. Und so wurde ich Leiter der Aufklärung der Partisanentruppe. Ich war zwar nur sehr kurz in dieser Position, denn schon nach einigen Tagen wurde ein dafür Geschulter für das Amt des Leiters der Aufklärungsabteilung geschickt, ein Leutnant Georgij Solowjew. Ich jedoch setzte meine Arbeit fort, ging in die umliegenden Dörfer und versuchte alles herauszufinden, was die Kommandeure unserer Truppe interessierte, natürlich als Schurka, der Moskauer und nicht als Schurka der Partisan. (Der wurde ich dann später, als ich schon nicht mehr so einfach in einem Dorf auftauen konnte.) Doch jedes Mal, wenn ich in unser Lager zurückkehrte, rief mich der Kommandeur zu sich.

Nun, Leiter der Aufklärung, berichte!

Uebersetzt von Henrik Hansen

www.deu.world-war.ru

Comments (login)